© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/15 / 28. August 2015

Bringt der Ölpreisverfall die Fracking-Branche in die Bredouille?
Milliarden versenkt
Thomas Kirchner

Energiegewinnung ist kapitalintensiv, und Energiepreise schwanken. Diese Kombination bringt nicht nur die von der Energiewende geplagten deutschen Versorger in die Bredouille, sondern auch die von Umweltschützern bekämpften Frackingfirmen. Als das Öl über 100 Dollar notierte, konnten Schieferölvorkommen via Frackingtechnik zu 85 Dollar pro Barrel erschlossen werden. Inzwischen ist die Schwelle zwar auf 60 bis 65 Dollar gesunken, doch mit dem Ölpreisverfall auf unter 40 Dollar kann diese radikale Kostensenkung nicht mithalten. Trotzdem stellen die Staatsbehörden sicher, daß weiter gebohrt wird: wer Vorkommen nicht erschließt, verliert seine Konzession. Und ist die anfängliche Investition in einem Bohrloch versenkt, liegen die laufenden Förderkosten bei nur 25 bis 30 Dollar. Also fließt das Öl selbst in der kapitalintensiven Frackingbranche fleißig weiter.

Einige haben aber Pleite gemacht, so OGX, die Ölfirma des deutsch-brasilianischen Ex-Milliardärs Eike Batista, die rund vier Milliarden Dollar in Tiefseebohrungen im Südatlantik versenkte. Bei 100-Dollar-Öl rentabel, heute ein Verlustgeschäft. Die halbstaatliche Petrobras ist zwar nicht pleite, muß aber bei Schulden von über 100 Milliarden Dollar nun gegen Korruption und Vetternwirtschaft vorgehen. Unter den Öldienstleistern restrukturiert ein Betreiber von Hubschraubern zur Bohrinselversorgung (Hercules Off­shore) seine Schulden per Konkursverfahren, andere werden folgen.

Auch Finanzinvestoren mußten schon einiges einstecken. KKR ist Deutschland bekannt durch den zeitweisen Einstieg bei Auto-Teile-Unger, dem Triebwerksbauer MTU oder den Kauf von WMF. Doch nun erwischte die New Yorker Beteiligungsgesellschaft die bislang größte Pleite im Frackingbereich: Bei den Ölpreisen von 2009 erschien die schuldenfinanzierte 7,2 Milliarden Dollar von Samson hochrentabel. Inzwischen reiht sich Samson in die lange Liste der nach einer Private-Equity-Übernahme überschuldeten Pleitefirmen ein.

Ausgerechnet der venezolanische Ölkonzern PDVSA (Eigner der US-Kraftstoffkette Citgo) ist zu einem Favoriten der Ramschanleiheninvestoren geworden. Im Gegensatz zum finanziellen Schurkenstaat Argentinien will das bankrotte Venezuela eine Zahlungsunfähigkeit seiner Staatsfirma unter allen Umständen verhindern, zu hoch ist die Abhängigkeit des Chávez-Sozialismus von sprudelnden Öleinnahmen. 

Wie rekordverdächtig der Verfall des Erdölpreises inzwischen ist, wird erst klar, wenn man ihn anschaulich in Gold ausdrückt. Für eine Feinunze kann man heute fasr 30 Barrel Öl kaufen. In den letzten 25 Jahren gab es nur in vier kurzen Zeiträumen mehr als 25 Barrel pro Feinunze, und diese Baisse hielt nie mehr als zwei Monate an. Allen Unkenrufen zum Trotz wird sich der Preis des schwarzen Goldes also bald wieder erholen – und damit auch die Stimmung der Investoren.