© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/15 / 28. August 2015

Tsipras setzt alles auf eine Karte
Griechenland: Der Syriza-Chef sucht sein Heil in Neuwahlen / Linksextreme Gegner im Aufwind
Panayotis Doumas

Plötzlich ging alles ganz schnell. Beinah parallel zum Austritt der 29 linksextremen Abgeordneten aus seiner 149 Köpfe zählenden Parlamentsfraktion des Parteienbündnisses Syriza zog Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras sein nächstes vermeintliche As aus dem Ärmel. 

Nach dem Rückzug seines Kontrahenten Yanis Varoufakis, nach seinem erfolgreichen Euro-Referendum, einer 180-Grad-Wende in Richtung Sparmaßnahmen und der sich anschließenden ungeliebten Kollaboration mit den Oppositionsparteien bei der Umsetzung des 3. Griechenland-Hilfspakets trat er vor die Presse und verkündete nach siebenmonatiger Amtszeit seinen Rücktritt. 

Doch Tsipras ließ und läßt keine Zweifel daran aufkommen, auch nach den für den 20. September avisierten Parlamentswahlen Regierungschef bleiben zu wollen. Zwar kam für Tsipras am Wochenanfang der Austritt des Syriza-Generalsekretärs Tassos Koronakis, eines bis dato treuen Weggefährten, in die Quere. 

Landeslisten sollen Einheit der Syriza garantieren

Doch Tsipras zeigt sich unbeirrt. Die Zeit drängt. Der 41jährige Linkspolitiker hat einen triftigen Grund dafür, daß er die Griechen im Schnellgang zum dritten Mal in einem Jahr an die Urnen schickt. Denn wenn die Nationalwahlen früher als 18 Monate nach der letztmaligen Wahl stattfinden, werden sie allein mit Hilfe von Landeslisten durchgeführt. Das heißt, Tsipras hat selbst die Hand darauf, wer künftig in seiner nächsten Parlamentsfraktion sitzt. Einigkeit und Gehorsamkeit seiner Gruppe wären demnach gesichert.

„Ich glaube, daß Syriza eine absolute Mehrheit im Parlament erreichen kann“, erklärte dann auch Panos Skourletis, Energieminister im inzwischen aufgelösten Parlament, gegenüber dem Fernsehsender Mega TV.

Doch sorgte Anfang dieser Woche bei den Griechen, die nach der Gründung der neuen Linkspartei „Volkseinheit“ sehnsüchtig auf neue Wahlumfragen warten, eine exklusive Umfrage der Bild-Zeitung für Aufsehen. Demnach liegt Tsipras mit seiner linken Syriza-Partei, die im Januar 36 Prozent erzielte, nur noch bei 28 Prozent. Zweitstärkste Kraft wäre die Nea Dimokratia mit 25 Prozent, gefolgt von der linksliberalen Partei Po Tami, die auf neun Prozent kommt. Die neue linksextreme, vom ehemaligen Umwelt- und Energieminister Panagiotis Lafazanis Lafazanis geführte Volkseinheit verzeichnet acht Prozent, die rechtsextreme „Goldene Morgenröte“ 5,3 Prozent, die KP 4,2 Prozent, die Zentrumsunion kommt auf vier Prozent. Pasok und die Anel-Partei, mit der Tsipras über sieben Monate eine Koalition gebildet hatte, könnten sogar  mit knapp drei Prozent den Einzug ins Parlament verfehlen.