© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/15 / 28. August 2015

Symbol des Versagens
Die ganze Härte des Gesetzes gegen die Gewalttäter von Heidenau? Ja, bitte! Aber nicht nur gegen sie
Michael Paulwitz

Die Karawane wallfahrtet wieder, der „antirassistische“ Staatskult feiert ein Hochamt. Erst der SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel, dann Kanzlerin Angela Merkel selbst ziehen ins sächsische Heidenau, um im Chor mit lokaler und regionaler Polit-Prominenz in markigen Worten die Ausschreitungen während einer rechtsextremen Demonstration vor einer örtlichen Asylunterkunft zu verurteilen. Dazu dröhnt die mediale Begleitmusik: Chefredakteure, Leitartikler und Kolumnisten überschlagen sich mit Abscheubekundungen und Verdammungen gegen den „braunen Mob“, in dem sie ohne viel Federlesens friedliche Demonstranten und gewalttätige Krawallmacher zusammenpacken.

Klare Worte sind dabei durchaus angebracht: Wer das Demonstrationsrecht zu Gewalt und Zerstörung mißbraucht, greift das Gemeinwesen und den Rechtsstaat an und hat es verdient, die ganze Härte des Gesetzes zu spüren zu bekommen. Das Anliegen oder die Gesinnung, die als Vorwand genommen wird, um Chaos und Anarchie zu verbreiten, darf dabei keine Rolle spielen.

Das ist der Punkt, an dem der politisch-mediale Aufgalopp um Heidenau ins Degoutante umschlägt. Zu vielen kommen die Ausschreitungen offensichtlich sehr gelegen: Politiker, die den Asylströmen hilf- und tatenlos zugesehen und die Überforderung der Bürger und Kommunen wortreich geleugnet haben, können von der eigenen Verantwortung ablenken, die Propagandisten in Medien und Asyllobby, die viel von „Willkommenskultur“ schwadronieren und für die begleitenden Probleme und Konflikte stets nur die eigenen Landsleute als ewige „Nazis“ und „Rassisten“ in Haftung nehmen, bekräftigen ihr ideologisches Schwarzweißbild.

Kein Wort auch, kein Ruf nach harten Konsequenzen und kein Politikerbesuch, wenn Deutsche unter Übergriffen und Kriminalität durch Immigranten zu leiden haben oder wenn, wie in Suhl im benachbarten Thüringen, muslimische Asylbewerber marodieren.

Wohl wahr: Auch die Mehrheit der friedlich demonstrierenden Bürger, die in Heidenau oder anderswo vor Asylbewerberunterkünften protestieren, müssen sich fragen lassen, ob ihr Protest an die richtige Adresse geht. Warum ziehen sie nicht vor die Landtage und Parteizentralen, vor Pro-Asyl-, Caritas- und Diakonie-Büros oder vor Redaktionen und Verlage der meinungsführenden Medien? 

Dort sind die Hauptverantwortlichen für den explodierenden Zustrom an Asyl-Immigranten zu finden, der das Sozialgefüge noch der kleinsten Siedlung umpflügt, von dort werden Gratis-Einladungen auf Kosten der deutschen Steuerzahler in die ganze Welt geschickt. Die Glückssucher, die die Chancen ergreifen, die die offenen Türen des deutschen Hauses bieten, und erst recht die wirklich Verfolgten, die auch noch den Weg nach Deutschland finden, sind selbst nur Bauern in diesem Spiel.

Auf Verständnis können einheimische Deutsche, die sich wie die Bürger von Heidenau von der außer Kontrolle geratenen Asyl-Immigration überrollt fühlen, trotzdem nicht hoffen. Im Gegenteil: Die in der Sache berechtigte Empörung über die Ausschreitungen von Heidenau wird instrumentalisiert, um jeden Protest pauschal zu kriminalisieren. 

Für den längst zur üblen Gewohnheit gewordenen alljährlichen Linksterrorismus auf den Straßen ist keine Entschuldigung zu schade. Da haben es die als „Autonome“ verharmlosten militanten Linksextremisten, die in Berlin-Kreuzberg, im Hamburger Schanzenviertel oder bei G7- und EZB-Krawallen Schneisen der Gewalt schlagen und Hunderte Polizisten krankenhausreif verletzen, ja immer nur gut gemeint, und kein Sigmar Gabriel spricht von „Pack“, das man einfach „wegsperren“ müsse.

Das entlarvt die verbale Kraftmeierei nach Heidenau als blanke Heuchelei. Wer nach der „ganzen Härte des Gesetzes“ ruft, muß sie für jeden Rechtsbrecher einfordern und darf nicht nach Gesinnungen sortieren. Der Rechtsstaat besteht nur, wenn und solange er für alle gilt. Auch für Immigranten, die mit „Asyl“ auf den Lippen Einlaß in den deutschen Wohlfahrtsstaat fordern. 

Der Rechtsstaat ist nicht erst in Gefahr, wenn Krawallbrüder, egal ob „linke“ oder „rechte“, Bierflaschen, Böller und Wurfgeschosse auf Polizisten schleudern oder Passanten anpöbeln und attackieren, ob mit Migrationshintergrund oder ohne. Gesetze, Ordnungskräfte und Justiz sind dafür da, solche Übergriffe und Straftaten zu verhindern und zu ahnden, ohne Ansehen der Person.

Demontiert wird der Rechtsstaat, wenn Recht und Gesetz nicht mehr oder nur noch selektiv angewandt werden. Wenn den einen Rechtsbrechern Sonderstrafen angedroht und die anderen mit Subventionen für ihren „antifaschistischen“ Einsatz belohnt werden. Und wenn geltendes Recht schlicht außer Kraft gesetzt wird, weil massenhafte illegale Einwanderung tatenlos hingenommen wird, rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber nicht mehr abgeschoben werden und dieser Mißbrauch sogar noch politisch ermuntert und medial als humanitäre Großtat gefeiert wird.

Heidenau ist so das Symbol des Versagens einer politisch-medialen Klasse, die eine explosive Situation fahrlässig herbeigeführt hat und deren Eskalation als willkommenen Anlaß für massive Repressionsdrohungen gegen jede Kritik an bisherigen Fehlentwicklungen nimmt. Der Verbalradikalismus, mit dem asylkritische Bürger pauschal mit Gewalttätern in einen Topf geworfen und als „Mob“, „Pack“ und „menschlicher Dreck“ abqualifiziert werden, verströmt eine Atmosphäre des geistigen Bürgerkriegs. Wer so unversöhnlich eskaliert und Öl ins Feuer gießt, will Ausschreitungen wie in Heidenau nicht verhindern, sondern geradezu provozieren, um darauf sein Süppchen zu kochen.