© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/15 / 21. August 2015

Frisch gepresst

Warnhinweis. Egal an welcher Stelle der Leser diese Öko-Fibel aufschlägt – fast überall wird sich Kopfschütteln einstellen. Der Autor ist ein gescheiterter Berliner Start-up-Gründer, der von sich selbst sagt, er könne in einem Überwachungsstaat leben, weil der ihn schließlich schütze. Das Buch handelt von der digitalen Revolution und ist eine Bibel für Gutmenschen, weshalb Wilkens im Feuilleton der Mainstreammedien begeistert herumgereicht wird. Er haßt den Kapitalismus und findet andererseits den Big-Brother-Staat nicht nur in Ordnung – er fordert sogar mehr davon. „Unsere Steuerfahnder“, schreibt er, „müssen ein bißchen vom NSA- und Google-Geist übernehmen und damit Steuergesetze schaffen.“ Am besten unter Führung der EU, denn die angeblich bevorstehende Renationalisierung lehnt er ab. Stattdessen fordert er ein „Völkerrecht für Digital“. Seine einzige Sorge wegen der Datensammlungen ist, daß böse kapitalistische Konzerne ihr Angebot durch Big Data optimierten. „Da muß ja mal was gegen getan werden“, schimpfen sie beim Frühstücksmüsli in der Veganer-WG. Und greifen zu diesem Buch. (rg)

Andre Wilkens: Analog ist das neue Bio. Plädoyer für eine menschliche digitale Welt. Metrolit Verlag, Berlin 2015, gebunden, 224 Seiten, 18 Euro




Naher Osten. Für Rolf Steininger darf seit 1945 kein anderer Weltwinkel größeren Anspruch als „Krisenregion schlechthin“ erheben als der Nahe Osten. Entsprechend intensiv haben sich seine Kollegen mit der Konfliktgeschichte dieses Raumes beschäftigt. Was jedoch dem emeritierten Innsbrucker Zeithistoriker unter den zahllosen Werken fehlte, war eine gedrängte, wesentliche Entwicklungslinien vermittelnde Übersicht. Die will er nun mit einer Darstellung liefern, die sich auf die Rolle der deutschen Außenpolitik in der Region konzentriert. Von der Orientreise Kaiser Wilhelms II. führt der Erzählfaden bis zur Unterstützung des US-Interventionismus durch die Bundeskanzler Kohl und Schröder, wobei leider diese jüngsten Kapitel zu kursorisch abgehandelt werden. Was vielleicht auch der Einschätzung des Autors geschuldet ist, der zufolge Deutschland im Schatten der „Nr. 1 in der Region, der USA“, keinen entscheidenden politischen Einfluß auf den Fortgang der Weltgeschichte im Vorderen Orient habe. (ob)

Rolf Steininger: Deutschland und der Nahe Osten. Von Kaiser Wilhelms Orientreise 1898 bis zur Gegenwart. Lau-Verlag, Reinbek 2015, broschiert, 259 Seiten, Abbildungen, 22 Euro