© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/15 / 14. August 2015

Masseneinwanderung
Deutschland wird ruiniert
Manfred Ritter

Wenn sich ein wohlhabendes Industrieland bereit erklären würde, Armutsflüchtlinge ohne berufliche Qualifikation aufzunehmen, könnte es in kürzester Zeit mit mehr als einer Milliarde Bewerbungen rechnen. So hoch wird allein die Zahl der an der Hungerschwelle lebenden Menschen geschätzt. Dazu kommen noch mehr als drei Milliarden, deren Einkommensniveau sehr weit unter dem europäischen Durchschnitt liegt. Ein Industrieland, das bei solchen Verhältnissen seine Tore öffnet, würde von Menschenmassen überflutet. Deshalb haben klassische Einwanderungsländer wie die USA, Kanada und Australien ein strenges Auswahlverfahren eingerichtet, das nur Bewerbern mit entsprechenden beruflichen Qualifikationen die Einwanderung gestattet. So können sie sicherstellen, daß keine künftigen Dauerarbeitslosen einwandern, die der Gesellschaft zur Last fallen und das Land destabilisieren könnten.

Eine solche Politik, die von Vernunft und von Rücksichtnahme auf die Interessen der bereits im Land lebenden Bürger geleitet ist, würde in Deutschland wütende Proteste der Befürworter schrankenloser Einwanderung in den Medien, der Politik und in den Kirchen hervorrufen. Wer bei uns gegen eine Masseneinwanderung von Armutsflüchtlingen eintritt, wird sofort als Ausländerfeind diffamiert. Entsprechend verängstigt reagieren die konservativen Politiker. Das Äußerste, was sie in Fernsehdiskussionen wagen, ist die Aussage, daß Deutschland nicht alle Armutsflüchtlinge dieser Welt aufnehmen könne.

Wie konnte es so weit kommen? Vor 30 Jahren war man in den Volksparteien noch mehrheitlich der Auffassung, daß Deutschland kein Einwanderungsland sei. Inzwischen fordern linke und grüne Ideologen unter Berufung auf eine früher nur von Kommunisten formulierte Gleichheitsideologie ein Einwanderungsrecht für alle Armen dieser Welt. Da alle Menschen gleich seien, gebiete es die soziale Gerechtigkeit, daß die Reichen ihr Vermögen mit den Armen teilen. Diese Umverteilung dürfe dann konsequenterweise auch vor Ländergrenzen nicht haltmachen. Zumindest müsse jeder arme „Weltbürger“ in ein reiches Land seiner Wahl einwandern dürfen, um vom dortigen Reichtum seinen „Anteil“ einzufordern.

So offen wird dies zwar (noch) nicht formuliert. Die Äußerungen unserer Medien, Politiker und Kirchenvertreter zu diesem Thema erzeugen aber den Eindruck, daß sich die meisten inzwischen diesen Forderungen angeschlossen haben. Dies zeigt sich derzeit bei Diskussionen um die „Bootsflüchtlinge“ Nordafrikas, die zum größten Teil Wirtschaftsflüchtlinge sind. Kaum jemand wagt den naheliegenden Vorschlag, die Bootsinsassen sofort nach Libyen zurückzubringen. Dies würde das Schlepperunwesen sehr schnell unterbinden und damit mehr Menschen vor dem Ertrinken retten als der Transport nach Italien, der eine Einladung für unzählige weitere Armutsflüchtlinge darstellt, diesen Weg nach Europa zu nutzen.

Eine „Verschwörung“ gegen die Freiheitsrechte der Bürger – so mit der Vernichtung des Leistungsprinzips durch schrankenlose Umverteilung – ist nicht nur möglich, sondern, wie die Einwanderungsdiskussion beweist, bereits in vollem Gange.

Wie auch immer die Einwanderer nach Europa kommen – am Ende landen die meisten in Deutschland. Wegen des immer schneller wachsenden Zustroms haben die deutschen Städte und Gemeinden immer größere Probleme mit der Unterbringung und Finanzierung. Um öffentliche Proteste der Bürger zu vermeiden, läuft die mediale Propagandamaschinerie für eine „Willkommenskultur“ auf Hochtouren. Außerdem versucht man, die Bürger mit Aktionismus wie der Beschleunigung der Asylverfahren zu beruhigen.

Wer die Zahlen der Neuankömmlinge mit den Zahlen der erfolgreichen Abschiebung und freiwilligen Abwanderung vergleicht, sieht allerdings, daß nur ein kleiner Bruchteil der illegalen Einwanderer das Land wieder verläßt. Wir sind de facto ein Einwanderungsland und das „soziale Netz“ für die Armutsflüchtlinge dieser Erde. Halten wir diese Entwicklung nicht auf, wird die Armuts­einwanderung jedes Jahr sprunghaft weiter steigen und die Kosten so explodieren, daß der Staat die Steuern kräftig erhöhen muß. Vergangene Woche forderten mehrere Bundesländer eine „Kopfpauschale“ pro Einwanderer vom Bund. Dafür bezahlen werden alle Bundesbürger. Der „soziale Umverteilungsdruck“ wird dann immer größer, und wir bewegen uns auf einen „Einwanderungs-Kommunismus“ zu, der aus unserem „Wohlstand für alle“ eine „Armut für alle“ entstehen lassen kann. 

Warum unternehmen unsere Volksparteien und sonstige gesellschaftlich relevanten Kräfte nichts, um diese Entwicklung aufzuhalten, die auch ein reiches Industrieland in die Knie zwingen kann? Warum akzeptiert man aus „humanitären Gründen“ eine Neuauflage des Kommunismus durch die Hintertür? Hat man bereits vergessen, daß die Kommunisten den Menschen im Namen der Gleichheit eine Gesellschaftsform aufgezwungen haben, die den Bürger – mit der Forderung, seinen Besitz mit allen „brüderlich“ zu teilen – seiner Menschenrechte und seiner Freiheit beraubt? Solche Formen des Zusammenlebens sind aufgrund der individualistischen Natur der Menschen und ihrer unterschiedlichen Leistungsfähigkeit im Ergebnis eine moderne Form der Sklaverei. Kein vernünftiger Mensch würde sich freiwillig in eine solche Sklaverei begeben. Wer sie einführen will, muß sich deshalb staatlicher Zwangsmittel bedienen und mit einer entsprechenden Umerziehungspropaganda jeden Widerstand in Politik und Gesellschaft brechen.

Ist eine solche „Verschwörung“ gegen die Freiheitsrechte der Bürger – mit einer Vernichtung des Leistungsprinzips durch schrankenlose Umverteilung – in einer modernen Demokratie überhaupt noch möglich? Besonders in Europa, das die Unterdrückung des Individuums durch Nationalsozialismus und Kommunismus leidvoll erfahren hat?

Sie ist nicht nur möglich, sondern sie ist, wie die Einwanderungsdiskussion beweist, bereits in vollem Gange! Der Angriff auf elementare Bürgerrechte gelingt den „Einwanderungs-Kommunisten“, weil sie ihre Gleichheitsideologie den Menschen mit Hilfe eines Propaganda-Trommelfeuers durch die Mehrheit der Medien aufzwingen. So versuchen sie jeden, der anderer Meinung ist, als Feind der „sozialen Gerechtigkeit“ zum Schweigen zu bringen.

Natürlich wird die breite Masse der Bevölkerung hierbei systematisch darüber getäuscht, daß sie es ist, die am Ende alles bezahlen muß. Deshalb wird der Eindruck erweckt, daß diese Masseneinwanderung zum „Nulltarif“ zu haben sei, weil unser Land unermeßlich reich sei und der Staat daher alles aus der Portokasse bezahlen könne. Außerdem würden bei uns wegen unserer niedrigen Geburtenraten Arbeitskräfte gebraucht. Daß den Einwanderern meist die nötige berufliche Qualifikation für unseren Arbeitsmarkt fehlt, wird verschwiegen.

Ein weiteres Täuschungsmittel ist das Verschweigen der Risiken, die unserer Wirtschaft und damit unserem Wohlstand aufgrund der Abhängigkeit von einer gut funktionierenden Exportindustrie drohen – auch ohne Masseneinwanderung. Die Politik erweckt nur zu gern den Eindruck, als wäre unser Wohlstand für alle Zeiten gesichert. Dabei können bereits kleinere Weltwirtschaftskrisen bei uns eine Massenarbeitslosigkeit verursachen, die das soziale Netz ganz rasch stark beschädigen oder sogar zerstören kann. Denn unser vermeintlicher Reichtum beruht fast ausschließlich auf unserer Arbeitskraft, mit der wir konkurrenzfähige Exportgüter erzeugen müssen.

Leider scheinen viele Politiker, Journalisten und Kirchenvertreter vergessen zu haben, daß der deutsche Wohlstand, den sie so großzügig an die einwandernden „Armen dieser Erde“ verteilen wollen, nicht wie Manna vom Himmel gefallen ist.

Wenn diese Waren durch Krisen in der Weltwirtschaft oder durch die zunehmende Konkurrenz von Niedriglohnländern (man denke an das aufstrebende China) nicht mehr im notwendigen Umfang verkauft werden können, ist es mit unserem Wohlstand sehr schnell vorbei. Wenn dann auch noch ein Heer von Armutsflüchtlingen versorgt werden muß, wäre ein Zusammenbruch unseres politischen und wirtschaftlichen Systems unvermeidlich. Damit würde sich allerdings der Plan linker Systemveränderer erfüllen. Die Vermutung, daß sie aus diesem Grund so entschieden für eine Masseneinwanderung eintreten, liegt auf der Hand.

Man kann daher die These aufstellen, daß sich übervölkerte Länder wie Deutschland, deren Wohlstand allein vom Export abhängt, eine Masseneinwanderung von Armutsflüchtlingen viel weniger leisten können als solche Länder, die über stabilere Lebensgrundlagen (wie große Landwirtschaftsflächen) verfügen. Deshalb wäre es viel sinnvoller, die Flüchtlingsströme durch Aufnahme in ihren jeweiligen Nachbarländern zu regionalisieren. Warum fordert eigentlich niemand die reichen arabischen Öl-Staaten auf, syrische Flüchtlinge als ihre Nachbarn und Glaubensbrüder aufzunehmen? Die Finanzierung würde ihnen wesentlich leichter fallen als den Europäern mit ihren hohen Arbeitslosenquoten. Soweit ärmere Länder (etwa in Afrika) Flüchtlinge aufnehmen, sollten sie dabei von Staatengemeinschaften wie Uno und EU eine angemessene finanzielle Unterstützung erhalten. Mit solchen Geldleistungen könnten die übervölkerten europäischen Industriestaaten einen humanitären Beitrag für die Flüchtlinge leisten, ohne damit die eigene Existenz zu gefährden. Außerdem ließe sich so auch eine mißbräuchliche Einwanderung in die sozialen Netze europäischer Industriestaaten verhindern.

Es wird höchste Zeit, daß sich die bürgerlichen Politiker in der Einwanderungsfrage nicht mehr widerspruchslos dem „Gleichheitsterror“ unterwerfen, sondern die Interessen der eigenen Bürger verteidigen. Anstelle einer Masseneinwanderung von meist ungelernten Armutsflüchtlingen sollten wir ein Einwanderungsmodell einführen, wie es die USA haben. Leider scheinen viele Politiker, Journalisten und Kirchenvertreter vergessen zu haben, daß der deutsche Wohlstand, den sie so großzügig an die einwandernden „Armen dieser Erde“ verteilen wollen, nicht wie Manna vom Himmel gefallen, sondern in der Regel von den Bürgern hart erarbeitet worden ist. Haben unsere Bürger nicht das Recht, die Früchte ihrer Arbeit zu behalten?

Solange die große Mehrheit anderer vergleichbarer (Industrie-)Staaten im Interesse ihrer Bürger den anstürmenden Wirtschaftsflüchtlingen eine Einwanderung verweigert – so wie es Ungarn, Polen oder Lettland tun –, können wir von unseren Politikern verlangen, daß sie sich ebenso verhalten. Denn es ist nicht nur undemokratisch, sondern auch unmoralisch, wenn realitätsblinde Ideologen uns allen eine Masseneinwanderung mit unbegrenzbaren finanziellen Belastungen aufzwingen. In dieser Weise pflegen nur die Machthaber totalitärer Systeme mit ihren „Untertanen“ umzugehen.




Dr. Manfred Ritter, Jahrgang 1941, ist Jurist (Regierungsdirektor a.D.), Autor, Gastkommentator in der FAZ, der Welt sowie dem Rheinischen Merkur. Auf dem Forum schrieb er zuletzt über den Heroismus als Motor des Lebens („Wir sind Helden“, JF 29/11).  Vor 25 Jahren erschien mit „Sturm auf Europa“ Ritters prophetisches Buch zur Asylproblematik.