© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/15 / 07. August 2015

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Daß musikalische Künstler mit ihren Plattenfirmen über Kreuz liegen, kommt häufiger vor. Selten jedoch tragen sie ihre Differenzen so in aller Öffentlichkeit aus wie jetzt der Opernsänger Jonas Kaufmann. Als das Klassik-Label der Decca kürzlich die Veröffentlichung der Kaufmann-CD „The Age of Puccini“ für den 14. August ankündigte, reagierte der Startenor mit einem bemerkenswerten Posting auf seiner Facebook-Seite verdrießlich. In drei Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch) verschaffte der 46jährige seinem Ärger Luft und warnte seine Fans: „Liebe Freunde, bitte laßt euch (…) nicht täuschen!“ Die Decca-Kompilation enthalte lediglich drei Puccini-Titel. „Bei den übrigen 18 Titeln handelt es sich um mein Album ‘Verismo Arias’ von 2010. Also alles bekannte Aufnahmen in neuer Verpackung. Das Ganze wurde ohne mein Wissen und ohne meine Zustimmung erstellt.“ Hintergrund: 2013 war der Sänger von Decca zu Sony gewechselt. Dort erscheint am 11. September Kaufmanns CD „Nessun Dorma – The Puccini Album“. Aufgenommen mit dem britischen Dirigenten und Pianisten Antonio Pappano im Herbst vorigen Jahres in Rom, enthält es ausschließlich Partien von Puccini-Opern, darunter Höhepunkte aus „Manon Lescaut“, „La Bohème“, „Tosca“, „La Rondine“ und „Turandot“. Die Decca muß davon Wind bekommen haben?und wollte der Konkurrenz offenbar zuvorkommen.


Urlaubslektüre: „Führerbefehl“ von Uwe Klausner (Gmeiner-Verlag, Meßkirch). Seitdem ich in diesem Frühjahr Volker Kutschers in Berlin Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre angesiedelte, bislang fünf Bände umfassende Reihe um Kommissar Gereon Rath hintereinanderweg regelrecht verschlungen habe, treffen historische Kriminalromane einen Nerv bei mir. Bei Uwe Klausner nun geht es um den Verbleib von Originalpartituren Richard Wagners aus dem Besitz Adolf Hitlers, die im April 1945 aus dem „Führerbunker“ fortgeschafft wurden und im März 1968 in West-Berlin bei zwei Mordfällen eine Rolle spielen. Mit Kutscher kann sich Klausner jedoch nicht messen. Seine Handlung weist Unstimmigkeiten auf, die Dialoge sind stellenweise wenig überzeugend, stilistische Holprigkeiten und Flüchtigkeitsfehler im Detail stören den Lesefluß. Beispiel: „(…) warf Kroko einen Blick auf die Uhr. 20 vor fünf, die Zeit verging einfach nicht“, nur eine knappe Buchseite weiter in derselben Szene heißt es: „(…) warf einen Blick auf die Uhr, die exakt halb fünf anzeigte.“ Da ist wohl wieder einmal am Lektorat gespart worden. Schade. Und ärgerlich.