© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31_32/15 / 24. Juli 2015

Frisch gepresst

DDR-Haft. Als Professor für Pathologie hat der 1932 geborene Sigurd Blümcke 130 wissenschaftliche Veröffentlichungen vorzuweisen, die sich mit der Erforschung der Nervenbahn, die Auge und Zwischenhirn verbindet, oder dem Lichteinfluß auf die Gemütsstimmung befassen. Daher riskiert der emeritierte Mediziner einen denkbar krassen Themenwechsel ins zeithistorische Metier, wenn er mit autobiographischen Schilderungen zurückführt in die letzten Kriegswochen, die Schülerjahre im berlin-brandenburgischen Nachkriegselend und zum gefährlichen Abenteuer seiner antikommunistischen Aktivitäten in der sowjetischen Besatzungszone, die 1950 zu seiner Verhaftung führten. Erinnerungen, die Einzel- und Generationsschicksal eindrücklich vergegenwärtigen. Gerade wegen seiner vorbildlichen Ausführlichkeit und – insoweit verrät sich der geübte Pathologe – der aufs Detail achtenden Faktentreue bei der Sektion der eigenen Jugendzeit eignet sich der dicke, mit Bildern aus dem Familienalbum gut bestückte Band als deutsches Lesebuch, das nicht nur seinen ursprünglichen Adressaten, den Enkel des Erzählers, interessieren dürfte. (wm)

Sigurd Blümcke: Wir liebten nur einen Sommer. Jugend, Widerstand und Haftzeit 1944– 1952, Wagner Verlag, Gelnhausen 2015, broschiert, 709 Seiten, Abbildungen, 26,90 Euro




Bitcoin. Piratenkneipe, Schwarzmärkte, Blaue Dollars – der diplomierte Kommunikationswissenschaftler Aaron Koenig führt den Sinn der elektronischen Alternativwährung Bitcoin zunächst einmal plakativ vor: Junge Argentinier fliehen vor der Geldpolitik der Kirchner-Regierung in Bitcoin. Aber warum tun sie das? Warum vertraut ein kleiner, aber wachsender Teil der Bewohner von Schwellenländern einer digitalen Währung? Und wieso ist Bitcoin in Deutschland vergleichsweise unpopulär? Unterhaltsam und griffig wie Gregory Mankiws Standardwerk „Einführung in die Volkswirtschaftslehre“ führt Koenig vom Argentinien der Gegenwart ins habsburgische Wien,

referiert eingängig die ökonomische Ideengeschichte, schlägt den Bogen von Carl Menger bis Ludwig Erhard und erklärt, welche ungeahnten bürgerlichen Freiheiten in einer vom Staat und seinen Banken unabhängigen Währung liegen. Natürlich macht der Produzent von Filmen über Bitcoin („Bitfilms“) Werbung in eigener Sache. Vielleicht nicht die schlechteste. (cop)

Aaron Koenig: Bitcoin. Geld ohne Staat. Die digitale Währung aus Sicht der Wiener Schule der Volkswirtschaft. Finanzbuch Verlag, München 2015, gebunden, 205 Seiten, 16,99 Euro