© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31_32/15 / 24. Juli 2015

Obamas neuer Kuba-Kurs bleibt umstritten
Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen: Nur ein erster Schritt hin zur wirtschaftlichen Genesung Kubas
Alessandra Garcia

Am 14. August wird US-Außenminister John Kerry in Kubas Hauptstadt Havanna die Flagge der Vereinigten Staaten hissen. Die bisherige Interessenvertretung wird zur Botschaft. Das Sternenbanner am Malecón und die kubanische Nationalfahne in Washington – für Fidel Castro, der einen Tag zuvor seinen 89. Geburtag feiert, wird das wohl das schönste Geschenk sein: Zumindest propagandistisch haben er und sein Bruder Raúl die USA in die Knie gezwungen. Die Isolationspolitik, der sich zumindest seit 2003 auch die Europäische Union mit Deutschland an der Spitze angeschlossen hatte, sei gescheitert, mußte US-Präsident Barack Obama einräumen. Ein Eingeständnis, mit dem nicht einmal mehr der greise Revolutionsführer gerechnet hatte.

Ohne politische Zugeständnisse machen zu müssen, wurde Kuba von der Liste der Terrorstaaten gestrichen und gilt jetzt wieder als gleichrangiger Verhandlungspartner. Dabei werden weiterhin Menschenrechtsverletzungen beklagt, ist nur eine Partei, die kommunistische, zugelassen, und die Reformpolitik Raúl Castros bewegt sich nur in Schrittchen vorwärts. Aber das wird übertönt von der – berechtigten – Forderung der Kubaner nach dem Abzug der Amerikaner aus der Bucht von Guantánamo, wo diese noch immer einen Militärstützpunkt unterhalten.

Die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen – die Kubaner haben ihre Botschaft bereits am Montag in einer feierlichen Zeremonie eröffnet – ist lediglich ein erster Schritt auf einem komplizierten Weg zur Normalisierung. Das Wirtschafts- und Handelsembargo bleibt bestehen. Die Blockadepolitik gegen Kuba wurde in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder verschärft und ist inzwischen zu einem Wust von Gesetzen angewachsen, der nicht einfach aufzuheben, sondern mühsam entflochten werden müßte. Aber dafür gibt es zur Zeit keine politischen Mehrheiten im US-Kongreß, wo Obamas neuer Kuba-Kurs nicht nur von der Opposition scharf kritisiert wird.

US-Firmen bleiben weiterhin draußen

Die Castro-Regierung war bisher immer gewitzt genug, wechselnde Allianzen in der Weltpolitik zu nutzen, um neue Blockadebrecher zu finden: China investiert auf der Insel. Brasilien hat den neuen Tiefseehafen bei Havanna finanziert. Total hat nach dem Besuch des französischen Präsidenten in Havanna den Zuschlag für Erdölbohrungen erhalten. Auch Kanada und Spanien sind längst im Geschäft, sogar Israel. Nur die US-Firmen bleiben weiterhin außen vor.

Daß die Kubaner, weitgehend von der Welt isoliert, allein der sozialistischen Propaganda ausgesetzt sind, hat ihre Ursache ebenfalls in der Embargopolitik: Diese verhindert moderne Kommunikationtechnologien. Der Mobilfunk wird von im Ausland lebenden Freunden oder Verwandten finanziert. Der Zugang zum Internet ist für normale Kubaner unerschwinglich.

Entscheidend für die Entwicklung Kubas wären weitere Reiseerleichterungen für die in den USA lebenden rund zwei Millionen Exilkubaner. Denn die vor den Castro-Rebellen und Che Guevaras Revolutionsgerichten Geflüchteten, beziehungsweise deren Nachkommen, haben ein Interesse daran, in der alten Heimat nachhaltig Einfluß zu nehmen und ihre Verwandten dort beim Aufbau neuer Existenzen zu unterstützen. Wenn die USA ihre Beschränkung für private Geldüberweisungen nach Kuba aufhebt und die Castro-Regierung Investitionsschutzgesetze verabschiedet, könnte sich der von der Revolution enteignete und vertriebene Mittelstand neu etablieren. Handwerker und Kleinunternehmer wären die Basis für eine wirtschaftliche Gesundung des in fast 60 Jahren Sozialismus vollkommen heruntergewirtschafteten Landes.