© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31_32/15 / 24. Juli 2015

Anett Haskia. Kaum bekannt: Moslems engagieren sich in israelischen Rechtsparteien
Die Patriotin
Marc Zoellner

Es gibt Momente im Leben, da scheint für Anett Haskia eine Welt zusammenzubrechen. Der letzte „Jom haScho‘a“, der israelische Nationalfeiertag für die Opfer des Genozids an den europäischen Juden, war einer von diesen. „Ein weiterer Jude wurde gestern ermordet, gerade als Israel seine Holocaustgedenkfeier begann, und der Mörder wird in einem israelischen Krankenhaus behandelt“, schrieb Haskia wütend auf ihrer Facebook-Seite. „Warum nehmen wir ihm nicht die Staatsbürgerschaft weg und schicken ihn nach Syrien – verletzt oder nicht?“

Daß die attraktive Mittvierzigerin mit der blonden Wuschelfrisur israelische Patriotin mit Leib und Seele ist, daraus macht sie keinen Hehl. Israel, das sei ihr Vaterland, erklärt die gelernte Frisöse, die vor zwanzig Jahren aus ihrer Geburtsstadt Akkon an der Nordküste des Landes in einen streng religiösen Kibbuz übersiedelte. Als „zionistische Mutter“ sei es selbstverständlich, daß sämtliche ihrer drei Kinder, die Tochter inklusive, in den israelischen Streitkräften dienten. Vergangenen Sommer erst hatte der älteste Sohn sogar im Gaza-Krieg gekämpft. „Dies ist weder ein Krieg mit den Arabern noch mit den Juden, und erst recht keiner gegen die Palästinenser“, rechfertigt Haskia den Gaza-Einsatz gegen die Hamas. „Diesen Krieg führen wir gegen eine Terrororganisation!“

Doch zwei pikante Details unterscheiden Anett Haskia von ihren Mitstreitern: Sie ist keine Jüdin, sondern Palästinenserin. Und im Frühjahr kandidierte sie zur Wahl der Knesset, des israelischen Parlaments, – und zwar auf der Liste der religiös-zionistischen, den Siedlern nahestehenden Partei „Jüdisches Heim“.

Haskia ist nicht die einzige Muslimin in ihrem politschen Lager. Allein zur Parlamentswahl 2013 stimmten fast 150.000 Araber, rund zehn Prozent der palästinensischen Wahlberechtigten, für den konservativen Likud unter Benjamin Netanjahu. Mit ihren markigen Worten möchte Haskia künftig besonders jene israelischen Moslems erreichen, welche bisher die Vereinigte Arabische Liste oder gar die arabisch-nationalistische Balad-Partei gewählt haben. Denn immerhin, so bestätigen auch Studien, sprächen bis zu siebzig Prozent der israelischen Muslime Israel das Recht auf einen jüdischen Staatscharakter zu. „Ich versuche denen zu erklären, daß die Juden nicht unser Feind sind“, erklärt Haskia. Zwar sei auch Israel nicht perfekt, doch „wir leben hier in Sicherheit, in einer Demokratie. Das findet man in dieser Region sonst nirgendwo!“

Zwar konnte die resolute Patriotin bei den Wahlen keinen Sitz im Parlament gewinnen, doch ihre Entschlossenheit, auch künftig politisch aktiv und erfolgreich zu sein, läßt sich Haskia nicht rauben. „Mit Gottes Hilfe wird unsere Graswurzelbewegung neue Unterstützung finden“, erklärt sie zuversichtlich mit Blick auf den Nahost-Konflikt. „Die Hoffnung habe ich noch lange nicht aufgegeben!“