© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31_32/15 / 24. Juli 2015

Zahl der Kirchenaustritte auf Rekordniveau
Ökumene der Verluste
Gernot Facius

Noch nie haben so viele Katholiken in Deutschland ihre Kirche verlassen wie 2014: fast 218.000. Nicht einmal Papst Franziskus konnte die Rolltreppe nach unten bremsen. Die Protestanten kommen auch nicht besser, möglicherweise sogar noch schlechter weg. Wer diese Ökumene der Verluste primär mit dem neuen Verfahren des Kirchensteuereinzugs auf Kapitalerträge oder einer Anpassung an Zeitgeistiges begründet, sucht sich die Sache schönzureden. 

Alles deutet darauf hin, daß es mehrere Ursachen gibt. Es ist nicht gelungen, die Bindungskräfte zu stärken, die auch Krisen und theologische Grabenkämpfe erträglich machen. Die Kirche als öffentlich-rechtliche Körperschaft hat viele enttäuscht, sie spielt im Alltag der Menschen eine immer geringere Rolle. Doch sollte man sich davor hüten, den Trend zur Entkirchlichung a priori mit Entchristlichung gleichzusetzen. Es bildet sich immer stärker ein Entscheidungschristentum heraus. 

Die Pointe in der jüngsten Katholiken-Statistik: Trotz schwindender Mitgliederzahlen sind die Steuereinnahmen 2014 auf 5,7 Milliarden Euro gestiegen. Offensichtlich haben sich nicht die zahlungskräftigen Gutverdiener von der Institution abgewendet. Die Frage ist berechtigt: Was würde Franziskus, der gern von der Kirche der Armen spricht, dazu sagen?