© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/15 / 17. Juli 2015

Umwelt
Gold für die Müllhalde
Jörg Fischer

Was ist das meistverkaufte Mobiltelefon der Welt? Ein Apple-Modell? Nein, es ist das vor zehn Jahren vorgestellte Nokia 1110, das mehr als 250 Millionen Käufer fand. Und diesen Spitzenplatz wird das finnische Billigmodell mit Schwarzweißbildschirm wohl auf ewig behalten, denn im Jahrestakt stellen die Telefonhersteller ihre neuen Geräte vor. Dabei hat sich außer der Modellnummer meist wenig verändert. Die Mobilfunkanbieter drehen ihren Kunden zudem alle zwei Jahre ein neues Smartphone an – Hauptsache, die Umsätze wachsen. Zu den bislang 70 Millionen iPhone 5 und den 80 Millionen Samsung Galaxy S4 dürften daher nicht mehr so viele dazukommen, denn längst sind deren Nachfolger im Angebot. Das Nokia 1110 funktioniert noch immer, das zwei Jahre jüngere und zehnmal teurere iPhone 2G nur noch bedingt: Der Akku ist vom Nutzer nicht wechselbar, das Betriebssystem wurde schon 2009 nicht mehr aktualisiert.

Die Verbraucher sind bei Fragen der Produktlebensdauer überfordert.

Inzwischen liegen daher 100 Millionen Altgeräte ungenutzt in deutschen Haushalten – oder wie das Umweltbundesamt (UBA) errechnete: zwei Tonnen Gold, 21 Tonnen Silber und 765 Tonnen Kupfer. Der Elektroschrottberg dürfte weiter wachsen, denn die Verbraucher sind bei Fragen der Produktlebensdauer überfordert. Das UBA forderte daher auf seiner zweiten Fachtagung „Wider die Verschwendung II – Strategien gegen Obsoleszenz“ eine verläßliche Kennzeichnung der Mindestlebensdauer von Elektronikprodukten. Doch dies müßte für den gesamten EU-Binnenmarkt gelten – angesichts der Brüsseler Lobbyistenarmada ein aussichtsloses Unterfangen. Denn anders als beim Glühlampenverbot oder der Ökodesign-Richtlinie für Staubsauger müßte dabei der Verbraucher nicht tiefer in seine Tasche greifen.

UBA-Bericht zur Obsoleszenz:  uba.de/