© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/15 / 17. Juli 2015

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Die Jungs haben wirklich keine Zeit verloren. Vergangenen Freitag rückte vor dem Clubhaus der Bandidos in der Duisburger Charlottenstraße 84 eine Dachdecker-Firma mit Lkw samt Teleskopbühne an und entfernte die Folie des im vorigen Jahr überklebten Schriftzugs des Rockerclubs. Nur einen Tag zuvor hatte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe das Kennzeichen-Verbot für lokale Rockergruppen, die selbst nicht verboten sind, aufgehoben (3 StR 33/15). Von dem längst überfälligen Urteil profitieren nun nicht nur die Bandidos, sondern auch andere pauschal inkriminierte Clubs wie die Hells Angels.

Als die britische Daily Mail kürzlich in ihrer Online-Ausgabe Fotos von Lady Gaga in einem Unterstützer-Shirt der Hells Angels veröffentlichte, blieb das in solchen Fällen eigentlich erwartbare öffentliche Skandalgeschrei überraschend aus. Von dem Auftritt der 29jährigen US-Popsängerin im schwarzen T-Shirt mit dem Schriftzug „Big Red Maschine“ und darunter „Supporter“ nahm kaum jemand Notiz. Vielleicht, weil Lady Gaga ohnehin als exzentrisch gilt. Einzig das Online-Medium „Südafrika – Land der Kontraste“ versuchte ihren Auftritt in New York mit zweiwöchiger Verspätung zu skandalisieren. Die Redaktion dort hat offenbar einen Narren an Rockergeschichten gefressen. Ermittler seien über das Outfit Lady Gagas „entsetzt“, heißt es in dem vergangenen Samstag erschienenen Beitrag. Dazu zitiert wird der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, André Schulz: „Lady Gaga ist ja bekannt dafür, gerne zu provozieren. Jetzt aber offen für die Hells Angels zu werben, ist aber keine schlichte Provokation, sondern einfach dumm. Einige Künstler, auch in Deutschland, kommen sich sehr cool vor, wenn sie ihre Sympathie zu kriminellen Rockergruppierungen äußern und dokumentieren damit nur ihren eigenen begrenzten Horizont.“

Mit den deutschen Künstlern dürfte vor allem Ben Becker gemeint sein. Der Schauspieler und Sänger macht aus seiner Faszination für die Höllenengel keinen Hehl. Auf seinem Album „Wir heben ab“ veröffentlichte er bereits 2001 ein Hells-Angels-Lied: „My heart was made in heaven / my brains were cooked in hell / (…)  I’d loved to be / a hells angel.“ 2011 trat er in dem Hells-Angels-Film „81 – The Other World“ auf. O-Ton Becker darin: „Es gibt Menschen, die leben angeblich hier und jetzt. Und es gibt Menschen, die sich entschieden haben, in einer anderen Welt zu leben.“ – Polizistenschelte ist meine Sache nicht. Deshalb nur soviel: Ben Becker steht mir näher.