© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/15 / 17. Juli 2015

Armin der Unglückliche
Nordrhein-Westfalen: CDU-Landeschef und Oppositionsführer Laschet stolpert derzeit von einer Affäre zur nächsten
Bernd Rademacher

Das Elend der CDU in Nordrhein-Westfalen hat ein Gesicht – das ihres Vorsitzenden Armin Laschet. Der 54 Jahre alte Politiker kommt aus den Negativschlagzeilen nicht heraus. „Oppositionsführer demontiert sich selbst“, hämten überregionale Blätter. 

Erst verlor der Lehrbeauftragte für „European Studies“ an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen Klausuren seiner Studenten. Kurzerhand benotete er die Arbeiten anhand angeblicher Notizen. So bekamen auch diejenigen eine Note, welche die Klausur gar nicht mitgeschrieben hatten. Auf Nachfrage, wie er nicht abgegebene Arbeiten benoten könne, verweigerte Laschet zunächst eine Erklärung. Dann kam er mit der Version seiner Notizen und nannte dies eine „sachdienliche Lösung“. Die Notizen habe er allerdings nach der Notenvergabe weggeworfen. Die Presse fragte süffisant: „Hat Laschet gewürfelt?“ Als Folge mußte er seinen Lehrstuhl räumen. Nun der nächste Wirbel: Viertausend Euro Verlagshonorar habe er zwar als Spende steuerlich abgesetzt, die Summe aber selbst nicht versteuert. Laschet erhielt das Geld als Autorenhonorar für sein Buch „Die Aufsteiger-Republik – Zuwanderung als Chance“ vom Verlag Kiepenheuer & Witsch. Das Finanzamt argumentiert, Laschet habe das Honorar erst als Gewinn versteuern müssen, bevor er es an den sozial-integrativen Verein Coach e.V. spendete. Der Ärger ist noch nicht ausgestanden.

Seit 2013 ist der Aachener Vorsitzende der Landes-CDU und damit Oppositionsführer im Düsseldorfer Landtag. Die Christdemokraten haben es traditionell schwer an Rhein und Ruhr. Allerdings ist ihr Personal auch wenig überzeugend. Vom dynamischen Helmut Linssen, der über dubiose Briefkastenfirmen in Lateinamerika stolperte, bis zum blassen Jürgen Rüttgers mit der seltsamen Aussprache, der immerhin ein Gastspiel als Ministerpräsident geben durfte. Und nun Laschet. Sein Schlingerkurs ist symptomatisch für eine Partei, die durch ewige Opposition bis auf wenige ländliche Hochburgen in der Identitätskrise steckt. Einerseits nahm er Sarrazin gegen Merkels „nicht hilfreich“ in Schutz, andererseits tut er sich als vorauseilender Islam-Apologet hervor. Einerseits geißelt er rotgrüne „Energie-Planwirtschaft“ und die Pkw-Maut, andererseits kann er die Gleichstellung der Homo-Ehe mit der traditionellen Ehe kaum erwarten. Erst forderte er „mehr Zuwanderer in den Parlamenten“, dann hatte er Mühe, ein Mitglied der türkischen „Grauen Wölfe“ im Stadtrat von Hamm wieder loszuwerden.

So wie Laschet eiert die gesamte CDU im bevölkerungsreichsten Bundesland herum. Seit Ausgabe der Merkel-Parole, „urbane Milieus“ zu erobern und eine „moderne Großstadt-Partei“ sein zu wollen, verramschen die Christdemokraten ihre letzen konservativen Spurenelemente. Warum das „urbane Milieu“ eine sozialdemokratisierte CDU wählen sollte, wenn sie gleich das Original haben kann, können die CDU-Vertreter nicht plausibel erklären. 

Ein Schlaglicht auf das Dilemma warf die Sendung „Log In“ auf ZDF Info, in der sich Laschet im September vergangenen Jahres mit Hilfe der Moderatoren argumentativ Alexander Gauland stellte. In der Zuschauerabstimmung unterlag Laschet dem AfD-Politiker mit 16 zu 84 Prozent Zustimmung. Statt die Linken herauszufordern und das Scheitern ihrer Utopien bloßzustellen, vertraut die CDU selbstgefällig darauf, daß die Stammwähler in den Randbezirken und ländlichen Räumen Westfalens ihr Kreuz aus Gewohnheit weiter brav bei der C-Partei machen. Die Rechnung geht nicht auf. Immer mehr Kommunalwahlen in einstigen CDU-Bastionen gehen verloren, weil die konservativen Wähler aus Enttäuschung zu Hause bleiben.

Seit der Ära Laschet fährt die CDU in NRW miserable Ergebnisse ein. Das letzte Landtagswahlergebnis war das schlechteste in der Geschichte des größten deutschen CDU-Landesverbandes. Die Zahl der Sitze sank von über 90 in den goldenen achtziger Jahren auf ein Drittel. In den Kommunen und Städten gingen die Wahlergebnisse seit vier Perioden von 50 auf 37 Prozent zurück. Ob die CDU daraus Lehren zieht? Vermutlich nicht. Besonders nicht mit Armin Laschet.