© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/15 / 17. Juli 2015

Dänemark als Vorbild
Innere Sicherheit: Die Diskussion über eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen droht zu versanden
Lion Edler

Wenn es um Grenzkontrollen geht, werden Dänemark und die EU wohl keine Freunde mehr. Bereits 2011 hatte das kleine Königreich für Aufsehen gesorgt, als es die Wiedereinführung von Grenzkontrollen durchsetzte. Die Maßnahme gefährde „den Zusammenhalt der Europäischen Union als Ganzes“, erklärte damals der FDP-Politiker Alexander Alvaro. Hessens Europaminister Jörg-Uwe Hahn (ebenfalls FDP) brachte gar einen Urlaubsboykott gegen Dänemark ins Gespräch: „Wenn Dänemark zur Urlaubszeit wieder Grenzkontrollen einführt, kann ich nur dazu raten, auf der Stelle umzudrehen und lieber in Österreich oder Polen Urlaub zu machen.“ 

Vier Jahre später geht Dänemark noch einen Schritt weiter. Im Rahmen des Schengen-Abkommens sollen die Grenzkontrollen verschärft werden, sagte Außenminister Kristian Jensen (Venstre-Partei) kürzlich in Berlin. Mehr Polizeikräfte, Kennzeichenerfassung und weitere Maßnahmen sollen vor Kriminalität und Menschenschmuggel schützen. Die einwanderungskritische Dänische Volkspartei (DFP), die bei der Parlamentswahl vor einigen Wochen einen Erdrutschsieg verbuchen konnte, setzte damit eine zentrale Forderung durch. 

Auch in Deutschland diskutiert die Politik längst darüber, Grenzkontrollen wieder einzuführen – doch die Chancen dafür stehen schlecht. Trotz des ungebremsten Ansturms von Asylbewerbern und illegalen Einwanderern (siehe Seite 7) forderte Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) zwar unlängst eine „Schengen-Auszeit“, blitzte damit jedoch ab. Die Bundesregierung beabsichtige „keine Veränderung des Schengen-Grenzkodex“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Anlaß der Diskussion waren die positiven Erfahrungen während des G7-Gipfels im bayerischen Elmau – dort konnte die Bundespolizei mit Hilfe von Grenzkontrollen Tausende illegale Einwanderer aufgreifen. 

„Rezept aus dem letzten Jahrhundert“ 

Man könne angesichts dieser Erfolge „nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen“, findet auch Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU). Zwar könne man das Schengen-Abkommen nicht aushebeln, doch es müsse darüber nachgedacht werden, vorhandene Ausnahmeregeln zu erweitern. Bei der Innenministerkonferenz Ende Juni in Mainz stellte Sachsen eine entsprechende gemeinsame Initiative mit Bayern vor. Kontinuierliche Kontrollen sieht Ulbig jedoch skeptisch, denn dann „hätten sich die Kriminellen irgendwann wieder darauf eingestellt.“ 

Die sächsische AfD zeigte sich unbeeindruckt von der Initiative der Union. „Es ist jederzeit rechtlich möglich, im grenznahen Raum verdachtsunabhängige Kontrollen durchzuführen“, sagte der sicherheitspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Sebastian Wippel. Die Regierung tue in der Angelegenheit jedoch zuwenig. Während die Union mit der Einführung von Grenzkontrollen eine alte AfD-Forderung aufgegriffen habe, „strömen derweil andauernd Asylbewerber und Wirtschaftseinwanderer unkontrolliert ins Land“, kritisierte Wippel. 

Der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag, Enrico Stange, kritisierte Ulbig aus anderen Gründen. Die Freizügigkeit im Personengrenzverkehr sei „eine europäische Errungenschaft, die gegen plumpe Vorschläge von Unions-Ordnungspolitikern verteidigt werden muß“, sagte Stange. Daß die Union bei den Grenzkontrollen die Ausnahme zur Regel machen wolle, sei ein „Rezept aus dem letzten Jahrhundert“. 

Fahndungsdruck im Inland

Der notwendige Fahndungsdruck könne „nur im Inland und durch grenzüberschreitende Kooperation entstehen“, weshalb eine bessere Ausstattung der Bundes- und Landespolizei erforderlich sei. Auch der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag, Valentin Lippmann, gab zu bedenken, daß die Polizei auch ohne Grenzkontrollen Fahrzeuge oder Personen kontrollieren dürfe: „Allerdings fehlt dazu das Personal.“ 

Für diese Personalverstärkung sorgt nun das CSU-regierte Bayern – und wird prompt von der SPD ausgebremst. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) setzt seit Juli 500 zusätzliche Polizisten für die sogenannte Schleierfahndung ein. Dabei handelt es sich um verdachts-

unabhängige Personenkontrollen, die von der Bundes- und Landespolizei durchgeführt werden können. Laut Herrmann sprechen die Zahlen für den Einsatz dieses Instruments: Jährlich können die bayerischen Schleierfahnder rund 20.000 Aufgriffe verbuchen. Neben den zusätzlichen Stellen hatte Herrmann aber auch 150 moderne Wärmebildkameras und Nachtsichtgeräte beschaffen lassen, um die Fahndung noch effektiver zu gestalten. 

Doch Herrmanns Forderung, die Schleierfahndung bundesweit zu verstärken, stieß bei der Innenministerkonferenz in Mainz auf die Ablehnung der SPD-regierten Länder. Gegenüber dem Bayernkurier zeigte sich Herrmann enttäuscht vom Verhalten der SPD: „So zu tun, als sei das ein rein bayerisches Problem, ist Unfug und zeugt nicht von sicherheitspolitischer Weitsicht.“ Die innere Sicherheit Deutschlands könne „nicht nur an Bayern alleine hängen“, monierte Herrmann. Denn neben Drogenhändlern und Menschenhändlern sorgt sich Herrmann auch darum, daß sich Terroristen unter illegale Einwanderer mischen könnten. Die Gefahr sei „nicht von der Hand zu weisen“, sagte Herrmann.