© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/15 / 17. Juli 2015

AfD-Dissidenten bereiten Parteigründung vor
Totgeburt in Kassel
Marcus Schmidt

Das Erfolgsgeheimnis der alten AfD, die seit dem Exodus von Parteimitgründer Bernd Lucke und seiner Anhänger Geschichte ist, war das Miteinander von Wirtschaftsliberalen und Konservativen. Nur dadurch kam jene kritische Masse zustande, durch die die AfD in das Europaparlament und fünf Landtage katapultiert wurde. Beobachter räumen der neuen Lucke-Partei, für die an diesem Sonntag in Kassel die Weichen gestellt werden sollen und die ganz überwiegend von Wirtschaftsliberalen dominiert werden wird, daher kaum Chancen ein. Der geplanten Neugründung wird zudem der Schwung und das Überraschungsmoment fehlen, das die AfD bei ihrer Gründung  2013 auszeichnete und mit dem sie die Strategen in den Berliner Parteizentralen einst das Fürchten lehrte. 

Ob es für die AfD selbst, deren wirschaftsliberaler Flügel arg gerupft ist und die sich verzweifelt gegen den Vorwurf eines Rechtsrucks wehren muß, künftig noch reichen wird, läßt sich erst in einigen Monaten sagen. Eines ist jedoch auch ohne vertiefte Kenntnisse des politischen Systems der Bundesrepublik schon jetzt klar: Im Parteienspektrum ist kein Platz für zwei eurokritische Parteien; zumal auch die FDP in den vergangenen Wochen immer häufiger mit der Forderung nach einem Grexit kokettierte. Am Ende dürfte es daher nur einen Gewinner der Selbstzerfleischung der AfD geben: die etablierten Parteien.