© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/15 / 10. Juli 2015

Ärztlich begleitete Sterbehilfe: Ein Bruch mit unserer bisherigen Kultur
Gefahr einer Normalisierung
(wm)

Im November 2014 läutete der Bundestag mit einer „Orientierungsdebatte“ zum ärztlich begleiteten Suizid eine neue Runde in der Dauerkontroverse über Sterbehilfe ein. Der Theologe Wolfgang Huber, bis 2009 EKD-Vorsitzender, will neue gesetzliche Weichenstellungen jedoch nicht Politikern, Medizinern und Juristen allein überlassen, wie er im seinem Leitaufsatz zu einer Artikelfolge in der Zeitschrift für Evangelische Ethik (ZfEE, 2/2015) klarstellt. Zumal die Positionen – generelles Verbot organisierter Suizidhilfe contra Erlaubnis „in bestimmten Grenzen“ – das Hauptproblem verdecke, nämlich die Frage nach der medizinischen Indikation lebensverlängernder Maßnahmen. Daß das Sterbenlassen verweigert werde, obwohl es an der Zeit sei, spiele für viele Sterbenskranke nämlich eine weit größere Rolle als die Verweigerung aktiver ärztlicher Assistenz beim Freitod. In diesem „weiten Zusammenhang“ muß Huber sich vom Standpunkt seiner „situationssensiblen christlichen Ethik“ nicht länger mit der „Normalisierung“ ärztlicher Sterbehilfe befassen, die in den Niederlanden seit 2002 zur Verdoppelung der Fälle von Tötung auf Verlangen geführt hat, und die der in Erlangen Systematische Theologie lehrende Peter Dabrock im gleichen ZfEE-Heft als „Bruch mit unserer bisherigen Kultur“ verurteilt. 


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