© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/15 / 10. Juli 2015

Ungarn will Grenzzaun errichten
Kreativ sein
Jan Mainka

Von einer nachhaltigen Lösung der Asylfrage ist die EU noch immer weit entfernt. Angesichts dieser Entscheidungsunwilligkeit oder  -unfähigkeit nimmt es nicht wunder, daß Ungarns Premier Viktor Orbán weiterhin sehr pragmatisch auf Selbsthilfe setzt und nach wie vor an der Idee eines 175 Kilometer langen und vier Meter hohen Grenzzauns festhält. Auf einem anderen Blatt steht freilich, ob es Orbán mit dem Zaun wirklich ernst meint oder ob es sich bei dieser Idee nur um ein rhetorisches Druckmittel handelt, um auf den Ernst der Lage hinzuweisen und Serbien oder am besten die EU zu einer preiswerteren, weniger anachronistischen Lösung zu drängen. 

Anders als die westeuropäischen gibt die ungarische Regierung so die Bereitschaft zu erkennen, im Interesse ihrer Bevölkerung zu handeln; wenn es sein muß, sehr rasch und drastisch. Doch anstatt die teilweise gut ausgebildeten Flüchtlinge, die das Land erreichen, über einen Kamm zu scheren und als verdächtige Masse zu behandeln, könnte der ungarische Staat beispielsweise auch auf die Idee kommen, sich aus dem Flüchtlingsstrom die dringend benötigten Ärzte und Ingenieure herauszupicken, um aus der Not des Transitlands eine Tugend zu machen.


Jan Mainka ist Chefredakteur und Herausgeber der Budapester Zeitung.

 www.budapester.hu