© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/15 / 03. Juli 2015

Wer verschweigt, lügt
Politische Korrektheit: In Zürich soll die Polizei die Nationalität von Straftätern nicht mehr nennen dürfen
Richard Stoltz

Hilferuf aus dem Züricher Tages-Anzeiger, der neben Blick und Neuer Zürcher Zeitung größten und einflußreichsten Tageszeitung der deutschsprachigen Schweiz. Deren Polizeireporter Stefan Hohler beklagt sich dort in einem wahrhaft verzweifelt klingenden Artikel über einen Vorschlag aus Regierungskreisen, der Polizei künftig zu verbieten, die Nationalität von Tätern bekanntzugeben, selbst bei Vergewaltigern, Dealern oder Mördern.

Das wäre das Ende unseres Berufs, stöhnt Hohler. Besonders deprimiert ihn die Behauptung, daß Herkunft und Nationalität „keinerlei Erkenntnisgewinn“ lieferten und für die Klärung der Tatumstände völlig unerheblich seien. Wenn dem so wäre, stöhnt der Reporter, „müßten die Postulanten konsequenterweise auch die Forderung stellen, auf die Nennung von Geschlecht und Alter von Tätern zu verzichten“.

Armer Stefan Hohler! Aber andererseits müßte der Mann eigentlich froh sein, daß er in seiner Zeitung überhaupt noch über den Fall berichten und sogar über die Zumutungen der „Postulanten“ klagen darf. In den Medien anderer, speziell deutschsprachiger Länder, in Deutschland und Österreich, ist das Nennen von Herkunft und Nationalität von der Polizei gestellter Gewalttäter schon längst obsolet, ohne daß es dazu extra eines Gesetzes bedurft hatte. Die Medienfürsten haben dort einfach ein Tabu verhängt, und wer dagegen zu verstoßen versucht, wird ohne Aufhebens zum Schweigen gebracht, ist seinen Job los.

Viel ist im Augenblick von der „Lügenpresse“ die Rede; die vorige Ausgabe der Hamburger Zeit brachte ein ganzes mehrseitiges Dossier darüber.  Man sollte sich aber endlich einmal klarmachen, daß man nicht nur mit Reden, sondern auch mit Schweigen, Verschweigen, lügen kann. Diese Form der Lüge ist mittlerweile sogar die beliebteste. Es wird höchste Zeit, daß man endlich auch hierzulande einmal darüber spricht.