© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/15 / 19. Juni 2015

Aufgeschnappt
Vom Gärtle vertrieben
Matthias Bäkermann

Stutzig wurde Max Schütz schon, als Mitte Mai städtische Vermessungsbeamte durch seinen Schrebergarten in Stuttgart-Feuerbach stolzierten. „Als wir nach dem Grund fragten, bekamen wir keine Antwort“, erklärt der 84jährige Kleingärtner dem Lokaljournalisten der Bild-Zeitung Stuttgart. Erst drei Wochen später erfuhren er und seine 78jährige Frau Hilde aus der Zeitung davon, daß Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) und seine FDP-Kollegin Isabel Fezer ihr „Gärtle“ und neun weitere Parzellen als Platz einer neuen Asylbewerber-Unterkunft präsentieren. Damit verlieren die Rentner wohl ihr kleines Paradies, wo sie seit 55 Jahren Gemüse und Obst anbauen und Kleintiere halten. „Der Garten ist ein Ausgleich zu unserer lauten Wohnung an der Bundesstraße. Wir haben alle unsere Urlaube hier verbracht“, klagt die Schwäbin inmitten der liebevoll gehegten Bohnen, Zwiebeln und Kartoffeln, die bis jetzt immer den Ernährungsplan bereicherten. 

An geforderter Willkommenskultur mangelt es den Senioren dabei keineswegs. „Den Flüchtlingen muß geholfen werden“, so Oma Hilde. Zorn hegt sie eher gegen die Behörden: „Warum hat uns die Stadt nicht früher Bescheid gesagt? In unserem hohen Alter ist es schwer, auf die Schnelle einen neuen Garten zu finden.“