© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/15 / 12. Juni 2015

Leserbriefe

Zu: „Macht die Tore zu!" von Christian Vollradt, JF 24/15

Unbequeme Fragen ansprechen

Es freut mich außerordentlich, wie in der letzten JUNGEN FREIHEIT wieder Themen aufgegriffen wurden, die man in anderen „Blättern" einfach nicht findet. Haben Sie weiter Mut, die vielen unbequemen politischen Fragen mit aller Schärfe anzusprechen!

Sehr schade ist, daß die AfD zur Zeit so zerstritten ist und damit sich selbst von ihrer erst hoffnungsvollen Situation leider entfernt. Man wünsche ihr mehr Geschlossenheit und Erfolg.

Emil Poncelet, Krefeld

Autoreflexivität einmal anders

Ich betreibe seit vierzig Jahren eine kleine Autovermietung. Als 2010 nach einer Tagesvermietung ein großer Miet-Lkw nicht zurückkam, stellten wir fest, daß sich der Lkw bereits in Spanien befand. Offenbar sollte er da von dem Unterschlagungstäter verkauft werden. Über eine Sicherheitsfirma ließen wir den Lkw von der spanischen Polizei sicherstellen.Wegen der Rückführung unseres Eigentums winkte unsere Polizei ab. „Innerhalb Deutschlands kein Problem, aber Spanien?" Das sei doch „tiefstes Mittelalter!"

Die Hilfe des Auswärtigen Amtes und meines Bundestagsabgeordneten beschränkte sich auf die Zusendung einer Liste deutschsprachiger Anwälte. Während der Straftäter ungehindert durch alle Grenzen durchfahren konnte, schien es uns unmöglich, unser Eigentum zurückzubekommen. Das gelang schließlich doch nach zwei Jahren mit Anwaltshilfe, nachdem schon mehrfach Fahrzeugteile am Lkw wegen Diebstahls erneuert werden mußten. Dann wollte man in Spanien noch tägliche „Parkgebühr" kassieren für zwei Jahre, die den Wert des Lkw überstieg.

Als das langwierig geklärt war, hofften wir endlich auf Rückführung. Aber weit gefehlt. Große Lkw müssen jährlich zum TÜV, der ja wegen der langen Standzeit längst abgelaufen war. Trotz Schilderung der Notsituation war unser Straßenverkehrsamt nicht bereit, den Lkw wieder zuzulassen, um eine Rückführung auf eigener Achse zu ermöglichen. Wir mußten wir einen teuren Tieflader beauftragen, damit das Fahrzeug endlich wieder nach Hause kommen konnte. Die aufgewendeten Kosten überstiegen schon längst den Wert des Lkw.

Durch die „offenen Tore" fuhr der Straftäter ungehindert nach Spanien, bei der rechtmäßigen Rückführung gab es keine Hilfe vom Staat, im Gegenteil, diese wurde unnötig erschwert vom Straßenverkehrsamt. Als an den Grenzen noch kontrolliert wurde, hat man uns regelmäßig von dort angerufen, ob der Fahrer unseres Mietwagens zum Beispiel nach Polen usw. ausreisen dürfe.

Detlef Moll, Waldbröl

Zu: „200 Jahre Urburschenschaft / Das Schicksal einer Avantgarde" von Dieter Stein, JF 24/15

Zwei gültige Trikoloren

Die Behauptung, die Farben Schwarz-Rot-Gold seien per se „republikanisch", Schwarz-Weiß-Rot hingegen „monarchisch", kann nur bei oberflächlicher, auf bestimmte temporäre und lokale Umstände verengter Betrachtung aufrechterhalten werden. Genauso wie andere Gegenüberstellungen beider Flaggen, wie zum Beispiel „Schwarz-Rot-Gold = großdeutsch, Schwarz-Weiß-Rot = kleindeutsch" oder, je nach Standpunkt: eine der beiden Flaggen „gut", die andere „böse". Da eine genaue Analyse der Rezeptionsgeschichte beider Flaggen den Rahmen des Leserbriefs sprengen würde, sei an dieser Stelle nur aufgezählt, wer im Laufe der Geschichte die jeweiligen Flaggen verwendete:

Schwarz-Rot-Gold: Burschenschaft, 48er-Revolutionäre, die Paulskirche (die mehrheitlich für die konstitutionelle Monarchie votierte), die Bundestruppen unter Führung Österreichs, Großdeutsche, Alldeutsche („Wotansfarben"), Schönerer-Bewegung, Weimarer Republik (als Nationalflagge), österreichische Nationalsozialisten, DDR, BRD.

Schwarz-Weiß-Rot: Norddeutscher Bund/Kaiserreich als Staatenbund aus Monarchien und Republiken (zunächst nur als Handels-, später auch als Nationalflagge), einzelne Burschenschaften und andere Korporationen, Weimarer Republik (in Handels-, Kriegs- und Seedienstflagge), Weimarer Rechtsparteien, Drittes Reich (als Trikolore übergangsweise für zwei Jahre, danach nur noch als „Reichsfarben" in Kokarde und Hakenkreuzbanner), Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD), Erster Volkskongreß der DDR, Automobilclub AvD, DGzRS (Seenotrettung).

Diese Aufzählung illustriert, daß sich sämtliche politischen Lager, einschließlich beider Totalitarismen, beider Flaggen im Laufe der Zeit bedient haben.

Dies läßt nur einen Schluß zu: Beide Farben sind letztlich weltanschaulich neutral und können beliebig ideell aufgeladen werden. Wie heute damit umgehen? Schwarz-Rot-Gold sind die amtliche Nationalfarben und können es auch bleiben. Schwarz-Weiß-Rot ist ein traditionswürdiges historisches Nationalsymbol, das anlaßgebunden neben Schwarz-Rot-Gold seine Berechtigung besitzt. Versuche, beide Flaggen in der heutigen Zeit noch gegeneinander in Stellung zu bringen, sind abzulehnen.

Rüdiger Leßel, Vechta

Für Ehre, Freiheit und Vaterland

Danke, Dieter Stein, daß Sie der Deutschen Burschenschaft, der ich mit Stolz seit vielen Jahren angehöre, dieses Verdienst-Denkmal gesetzt haben. Hält die Deutsche Burschenschaft doch als letzte der relevanten gesellschaftlichen Gruppierungen am volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff fest, den sie als Teil der deutschen Nationalbewegung vor zwei Jahrhunderten entscheidend mitgeprägt hat. Trotz der Gegnerschaft, die ihr von der von pathologischem Deutschlandhaß geprägten Linken entgegenschlägt, muß sie als Hüterin und Bewahrerin der edelsten Kerne unserer nationalen Identität gesehen werden. Ich selbst sehe mich in der Pflicht, in ihren Reihen auch weiterhin leidenschaftlich für Ehre, Freiheit und Vaterland zu streiten.

Prof. h.c. Konrad Zimmer,

Königsberg i. Fr.

Zu: „‘Ein Deutschland soll sein und bleiben!’" von Harald Lönnecker, JF 24/15

Kein Ruhmesblatt im Jahr 1933

Dem Autor ist grundsätzlich zu danken, daß er aufgezeigt hat, wie viele Burschenschafter seit 1815 nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland an höchster Stelle Verantwortung übernommen haben. Dessen ungeachtet ist einiges richtigzustellen und zu ergänzen.

Der Mitbegründer der SPD und Chefredakteur des Vorwärts war zeitlebens Corpsstudent (u.a. Hessen-Nassauer in Marburg), und viele Burschenschafter finden sich überdies unter den Gründern von Corps.

Kein Ruhmesblatt ist es, daß die Deutsche Burschenschaft sich bei der Machtübernahme Hitlers von selbst auflöste, weil man den Nationalsozialismus enthusiastisch begrüßt hat. Demgegenüber haben sich wenigstens vier Corps gegen das Ansinnen des NS-Studentenbundes gewehrt, sich von Juden und Freimaurern zu trennen. Sie kamen einer Zwangsauflösung durch Selbstauflösung zuvor. Zudem ist die Spaltung des Verbandes in den letzten Jahren zu konstatieren. Unerwähnt bleibt auch die Rolle der Burschenschafter im Widerstand gegen Hitler. So finden sich im engsten Kreis des Grafen von Stauffenberg viele Adelige, die durch eine christlich-abendländische Tradition geprägt waren. Ihre Namen lassen sich in Rummelsburg nachlesen. Für viele seien nur einige genannt wie Albrecht von Hagen, Yorck von Wartenburg, Ulrich von Hassel und Adam von Trott zu Solz.

Eberhard Poppelbaum, Würzburg

Vorgeschichte unterschlagen

Der Autor stellt die Burschenschaftsbewegung unter Weglassung der Vorgeschichte als Beginn der Studentenverbindungen dar.

Tatsächlich liegt der Anfang der Studenverbindungen vor der Burschenschaftsbewegung, nämlich bei den Corps, die ihrerseits landsmannschaftliche Abspaltungen der studentischen Orden (Constantisten, Amicisten u.a.) waren. Es waren auch die Corps, die Ende des 18. Jahrhunderts den bis heute bestehenden Verbindungshabitus in Form von Band, Mütze, Wahlspruch und Zirkel geschaffen haben, u.a. die 1789 gestiftete Guestphalia Halle und die 1798 gestiftete Onoldia Erlangen, die bis heute bestehen. Die Burschenschaften haben ihrerseits diesen Habitus – anfänglich mit Einheitsfarben – lediglich übernommen und sich bewußt als republikanische und nationale Enheitsbewegung – im Unterschied zu den unpolitischen Corps – konstituiert, wovon dann im Kaiserreich nur noch die nationale Ausrichtung verblieb.

Bismarck selbst hat eine Mitgliedschaft in einer Burschenschaft unter Hinweis auf den zu seiner Zeit offensichtlich in der Burschenschaft nicht einheitlichen Satisfaktionszwang und das aus seiner Sicht nicht immer passende Auftreten der Burschenschafter abgelehnt (vgl. „Gedanken und Erinnerungen" ) und ist bekanntlich beim Corps Hannovera Göttingen aktiv geworden, wie auch Wilhelm Liebknecht nicht Burschenschafter, sondern Corpsstudent – bei Hasso-Nassovia Marburg – war.

Dr.Bernhard Baxhenrich, Hamm,

Mitglied des Corps Guestphliae Halle

Zum Schwerpunktthema: „Versunken im grünen Morast", JF 23/15

Zu beachten: 1980 ist nicht 2015

Als Ex-Grüner, 59 Jahre, schwul, habe ich die Zeit hautnah erlebt! Versetzen wir uns also in die achtziger Jahre: Die Zeitschrift Stern zeigt Fotos nackter Schüler und Schülerinnen inklusive Lehrer; Kommunen und Wohngemeinschaften erproben neue Lebens- und Liebesformen; „Ich habe abgetrieben" – „Wir sind schwul" – das und mehr waren Artikel in bekannten Zeitschriften. Das Pendel der muffigen fünfziger Jahre schlug quasi zur anderen Seite aus: Freiheit in allen Bereichen ... Man diskutierte offen – es gab keine Pädophiliediskussion, keine Verurteilung der neuen Sexualpolitik.

In grünen Foren und Arbeitsgruppen diskutierten junge Schwule und prägten die Forderungen in der grünen Partei. Es waren junge Gays selber, die ohne Altersbeschränkung Fun haben wollten! Gewaltfrei war das Motto. Es herrschte unter den kritischen Sexualwissenschaftlern Einigkeit, daß die unerträglichen Einschränkungen aufgehoben gehörten.

Erst die Frauenbewegung kritisierte, daß gewaltfrei nicht ausreicht. „SexualwissenschaftlerInnen" überzeugten in der Gesellschaft, und die Diskussion nahm einen anderen Verlauf. Die Grünen begannen, ihre Forderungen abzuändern und ihre Vergangenheit zu negieren. Damit will ich durchaus nichts beschönigen, aber die Achtziger, als Ergebnis der Zeit des Flower Power, sind eben nicht 2015. Wir werden sehen, wie in dreißig Jahren über die jetzige Verharmlosung des Islam diskutiert wird.

Ralf Riedel, Zürich/Schweiz

Rätselhafte Verleugnung

Daß die Grünen bei der Bevölkerung so gut ankommen, ist ein Rätsel. Jene Partei, deren Führung mit Recht vor Jahren am lautstärksten über die katholische Kirche bei den Mißbrauchsfällen hergefallen ist und mit dem sensationslüsternen Medienpranger hohe Strafen für Täter gefordert hat und die eigenartigerweise aber für ihre eigenen Parteigenossen mit gleicher Tätergesinnung noch vor Jahren Straffreiheit wollte. Ein widersprüchlicheres und absurderes Verhalten ist kaum vorstellbar. Jeder normale und anständig erzogene Mensch würde sich für solche Sex-Phantasien mit Kindern als Erwachsener schämen, die aber nicht. Denn wohl nur so läßt sich erklären, daß die noch naiven Kinder im Schulunterricht möglichst früh mit sexueller Vielfalt experimentierten und spielerisch Freudenhäuser einrichten sollen. Gibt es denn nichts Wichtigeres zur Kindeserziehung?

Gerd Müller, Frankenthal

Zu: „Ans Messer geliefert" von Jan von Flocken, JF 23/15

Fehlerhafte Angaben

Leider ist dem von mir geschätzten Autor diesmal ein grober Fehler unterlaufen mit einigen weiteren Ungenauigkeiten.

Mein Vater, General Helmuth von Pannwitz, kommandierte das XV. Kosaken-Kavallerie-Korps, das aus der 1. Kosakendivision (Chef war Oberst Hans-Joachim v. Schultz, der dann später mein Stiefvater wurde), der 2. Kosakendivision und einer 3. Kosakendivision, die Ende 1945 erst im Aufbau bestand. Das Korps war aus der 1. Kosakendivision entstanden, die mein Vater Mitte 1943 aufstellt hatte. Das Korps zog in den letzten Kriegstagen auch nicht über die Alpen, sondern marschierte auf dem Rückmarsch aus Jugoslawien kämpfend in den Raum Völkermarkt vor, wo es dann erst am 12. Mai 1945 zur Kapitulation den Engländern gegenüber kam.

Über den Plöckenpaß der Dolomiten zogen zur gleichen Zeit bis nach Lienz die sogenannten Kosakenstans, die aus etwa 30.000 Frauen, Kindern und Greisen bestanden, die aus Friaul in Oberitalien kamen, wo ihnen ein neues Zuhause von der deutschen Obrigkeit zugewiesen worden war.

Sieghard von Pannwitz,

Krugersdorp/Südafrika

Zu: „Der Helm hat eine Schraube locker" von Marcus Schmidt, JF 22/15

Müntefering läßt grüßen

Die Bundeswehr hat ein angeblich unpräzises Gewehr, ein neues Transportflugzeug, das trotz vier Triebwerken aus heiterem Himmel abstürzt, einen Helm „mit untauglicher Schraube", Frauen in Kampftruppen, Kindergärten in Kasernen und mehr PTBS-Kranke als zu Zeiten des jüngsten Schießkrieges. Da bekommen die Worte des damaligen SPD-Vorsitzenden Müntefering, „vor der Bundeswehr braucht niemand Angst zu haben", mit denen er meinte, die Welt beruhigen zu müssen, eine neue Bedeutung.

Eberhard Koenig, Baiern