© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/15 / 12. Juni 2015

CD-Kritik: Alois Hába, Streichquartette
Unthematisch
Sebastian Hennig

Als Ali Baba hat Feruccio Busoni seinen Komponistenkollegen Alois Hába (1893–1973) phonetisch verulkt. Hábas Musik verzichtet weitgehend auf Wiederholungen oder Variation eines Themas. Dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, ist es eine sinnliche Musik, der sogar etwas von der Erde anzuhören ist, aus der sie erwuchs. Wenn es so etwas wie einen relativen Fortschritt in der Kunst geben kann, dann beruht er immer auf dem kulturellen Druckaustausch zwischen Provinz und Metropole. Der mährische Bauernsohn Alois Hába hat es damit in der kommunistischen Tschechoslowakei nicht viel einfacher gehabt als der Petersburger Bürgersproß Dmitri Schostakowitsch in der Sowjetunion. Für den Künstler von Rang sind die Kontinuität der Entwicklung und der freie Wirkungsraum unabdinglich.

Das Hába Quartett hat alle 16 Quartette eingespielt. Hinzu kommt ein Streichquartett mit obligater Sprechstimme von 1970, die „Tagebuchnotizen". Das 13. Streichquartett, das „Astronomische Streichquartett", entstand im Jahr des ersten bemannten Weltraumflugs. Im 14. Quartett verbindet Hába paradoxerweise die unthematische Komponierweise mit einem Programm. In sechs Sätzen wird der Prozeß des Komponierens verklanglicht, vom „Blitzartigen Einfall" bis zur „Freude über die erfolgreiche Verwirklichung". Das ist naiv und kompliziert zugleich.

Alois Hába Sämtliche Streichquartette Neos (Harmonia Mundi), 2015

www.neos-music.com