© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/15 / 05. Juni 2015

Knapp daneben
„Fifa 16“ ist pädagogisch halbherzig
Karl Heinzen

Fifa“ heißt ein Jahr für Jahr aktualisiertes Videospiel, mit dem Electronic Arts (EA) seit 1993 weltweit erfolgreich ist. Die nächste Version, „Fifa 16“, wird Ende September in Los Angeles offiziell präsentiert. Einige der neuen Features wurden bereits jetzt bekanntgegeben. Das Publikum hat sie mit Enttäuschung zur Kenntnis genommen. Immer noch steht das Geschehen auf einer rechteckigen Wiese im Zentrum. Zwei Gruppen kämpfen um einen einzigen Ball, der ins gegnerische Tor soll. So etwas gibt es aber ständig auch im Fernsehen zu verfolgen und reizt die Möglichkeiten eines Videospiels nicht aus. Zwar ist EA nicht entgangen, daß Fußball eine ökonomische Dimension hat. Man kann Spieler kaufen und verkaufen und sich so allmählich sein Wunschteam zusammenstellen. Die in Lizenz genutzte Marke „Fifa“ steht aber heute für mehr.

Nicht erst seit Zürich ist die Einschätzung verbreitet, daß sich hinter dem Weltfußball­verband die Mafia verbirgt.

Nicht erst seit den Verhaftungen von Zürich ist die Einschätzung weit verbreitet, daß sich hinter dem vorgeblichen Weltfußballverband eine Mafiaorganisation verbirgt. Die Programmierer hätten dem Rechnung tragen können, indem sie Geschichten einbauen, in denen hinter den Kulissen intrigiert, bestochen, gefahndet, geflohen, verhaftet und, im Spiel darf man ja ruhig ein wenig übertreiben, geschossen und gestorben wird. Die Chance, den Ballspiel-Klassiker mit dem Genre der Ballerspiele zu verschmelzen und damit ein neues, gewaltbegeistertes Publikum anzusprechen, blieb ungenutzt. Statt dessen hat EA dem Nörgeln lästiger Randgruppen nachgegeben und bietet in „Fifa 16“ erstmals auch Frauen-Teams an, die allerdings nur gegeneinander antreten können.

Diese Neuerung ist pädagogisch halbherzig. Jungs, die ständig zocken, haben keine Zeit, Mädchen zu begegnen. Aus „Fifa 16“ würden sie etwas über diese merkwürdigen Wesen lernen können, wenn es ihnen erlaubt wäre, vor einer Partie Geschlechtskontrollen durchzuführen. Was in der Realität der Frauen-WM Pflicht ist, läßt jedoch das Spiel nicht zu. Vielleicht sind aber wenigstens die Spielzüge so langsam wie in der Wirklichkeit. Dann könnte man nebenbei seine Hausaufgaben erledigen.