© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/15 / 05. Juni 2015

Der Glanz der goldenen Maske
Geheimnisse einer faszinierenden Hochkultur: Eine Ausstellung in München wandelt auf den Spuren des ägyptischen Pharaos Tutanchamun
Felix Dirsch

Seit 2008 ruft die Repliken-Schau „Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze“ weltweite Aufmerksamkeit hervor. Derzeit gastiert sie in der bayerischen Landeshauptstadt. Die Veranstalter der Ausstellung haben sich einiges einfallen lassen, um Interessierte anzulocken. Am Anfang der Präsentation vermitteln Tafeln einen Überblick über die Geschichte Altägyptens. Anschließend werden zwei Filme über die Bergung der Schätze 1922 und in den darauf folgenden Jahren gezeigt. Howard Carter und sein Sponsor, Lord Carnarvon, leiteten das umfangreiche Unternehmen. 

Geht der Besucher den Rundgang weiter, sieht er eine maßstabgenaue Präsentation der Vorkammer, wie sie sich den Entdeckern dargeboten hat, nachdem sie in mühevoller Arbeit die Hindernisse an der Treppe und im Eingangskorridor beseitigt hatten. Man kann sich den überwältigenden Eindruck vorstellen, der sich beim Anblick der „wunderbaren Dinge“, die Carter in seinen Erinnerungen beschreibt, einstellte. Die Requisitenkammer, die auf den ersten Blick einem ungeordneten Haufen von Gegenständen gleicht, ermöglichte einen ersten Einblick in die versunkene Welt vor über drei Jahrtausenden. Idyllisch war sie nicht, störten doch Grabräuber mindestens einmal die Ruhe der Toten. Die Entdecker wußten, daß nach der Vorkammer der Lohn für ihre Anstrengungen unmittelbar bevorsteht. Sie mußten nur noch die nötigen Löcher schlagen, um zum Zentrum zu gelangen.

Im folgenden Raum der kleinen Olympiahalle entfaltet sich die Pracht der Grabkammer. Carter und seine Mitarbeiter litten bei den Ausgrabungen unter der Enge, den heißen Temperaturen und der schlechten Luft. Solche Probleme sind dem heutigen Ausstellungsbesucher fremd. Überaus imposant wirken in dem Raum die drei großen Schreine, an denen vorbei der Weg zu den Sarkophagen des einst mächtigsten Mannes der Welt führte. Die unzähligen Motive auf den Wänden der Schreine zu entschlüsseln, hat Heerscharen von Ägyptologen beschäftigt. Der Audio-Guide leistet heutigen Interessenten eine nicht genug zu schätzende Hilfe.

DNA-Untersuchungen zur Todesursache des Pharaos

Hinter den Schreinen sind die Särge zu bestaunen. In unterschiedlicher Größe waren sie ineinandergeschachtelt, ähnlich wie Matroschka-Puppen. Der innerste Sarg und natürlich die weltberühmte Maske des „Goldjungen“ zählen zu den Höhepunkten der Bergung. Bereits kurz nach dem Auffinden wurde die Frage aufgeworfen, ob es sich um den authentischen Gesichtsausdruck des früh Verstorbenen handelt oder um ein stilisiertes Antlitz. Mit ziemlicher Sicherheit läßt sich letztere These erhärten. Freilich gelang es dem unbekannten Maskenbildner auf diese Weise, eine einprägsame Gesichtsform wohl für die Ewigkeit zu kreieren. Unter der Maske befand sich die Mumie des Königs. Carter, obwohl weder auf dem Gebiet der Grabungstechnik noch auf dem der Ägyptologie Experte, ging geschickt und sorgfältig vor. Auffällige Beschädigungen konnten so vermieden werden.

In den sich anschließenden Räumen kann der Besucher noch eine Fülle von Gegenständen bewundern – in Wirklichkeit waren es Tausende von Artefakten, die Carter mit seinem Team sicherstellte. Die Vielzahl der Stücke verbietet eine detaillierte Beschreibung. In sehr knapper Auswahl sind Halsketten, Kästen, Krummstäbe und Geißeln, Schreibwerkzeuge, Ritualfiguren, Modellboote und Uschebtis (Dienerfigürchen) zu nennen. Auch die Nebenkammer offenbart die reiche Ausbeute, die die Expedition zutage förderte. Aus diesem Teil der Ruhestätte sind die Sandalen des Tutanchamun hervorzuheben. 

Freilich ist nicht nur der umfangreiche Grabschatz zu besichtigen. Ebenfalls spannend sind die vor dem Hintergrund der heutigen Technik möglichen Erkenntnisse über Tutanchamuns Leichnam. Besonders DNA-Untersuchungen bringen Diskussionen wieder in Gang, wie er gestorben ist. Möglicherweise waren es die Folgen eines Jagdunfalls, die den schwächlichen Jüngling nach zehnjähriger Regentschaft dahinrafften. Außerdem werden verwandtschaftliche Beziehungen von neuem debattiert. Selbst CT-Scans, Röntgenapparate und DNA-Proben geben wohl keine letzten Aufschlüsse, etwa über die Frage, ob die damals schönste Frau des Erdballs, Nofretete, die Gattin des Ketzerkönigs Echnaton, die Mutter Tutanchamuns war oder eine Nebenfrau ihn zur Welt brachte. Insofern bleibt etwas von den Geheimnissen der wohl bekanntesten Herrscherpersönlichkeit Altägyptens jedenfalls bis auf weiteres erhalten.

Zur Vertiefung der Ausstellung dient ein Katalog sowie ein hervorragend gemachter Film. Zudem verfaßte der Archäologe und Publizist Zahi A. Hawass, der für kurze Zeit das Amt des Ministers für Altertümer in Ägypten innehatte, eine grundlegende wie gut lesbare Begleitstudie. Er erörtert darin unter anderem die Probleme des Schutzes dieser einzigartigen Kulturdenkmäler der Menschheit, die in einer unruhigen Region stets Gefahren ausgesetzt sind. Obwohl in der Ausstellung Duplikate (wenngleich von exzellenter Qualität) zu betrachten sind, stellt sich dennoch die Frage nach der ungesicherten Zukunft der Originale.


Die Ausstellung „Tutanchamun. Sein Grab und die Schätze“ ist bis zum 13. September in der Kleinen Olympiahalle in München, Spiridon-Louis-Ring 21, täglich von 10 bis 18 Uhr, Do. bis 21 Uhr, zu sehen. Danach wird sie in Dresden gezeigt. Kartentelefon: 089 / 32 98 90 50

 www.tut-ausstellung.com