© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/15 / 05. Juni 2015

Aufgeschnappt
Kosaken auf Irrwegen
Matthias Bäkermann

Als „absolut unpolitisch“ will laut AFP-Meldung Pawel Moschtschalkow seine Aktion zur Erinnerung an das Kriegsende vor siebzig Jahren verstanden wissen. Er möchte mit zwanzig Kosaken von Moskau durch Weißrußland und Polen bis Berlin reiten, „auf der gleichen Route, die auch die sowjetische Kavallerie im Zweiten Weltkrieg nahm“, wie er den Journalisten kundig erklärt. Anders als bei den motorisierten Reitern des Motorradklubs „Nachtwölfe“ wird statt des eigentlichen Jahrestags am 8. Mai der Ritt wohl erst am 22. Juli sein Ende finden, aber vom Aufmerksamkeitskuchen der „Putin-Rocker“ konnten sich Moschtschalkows Kosaken schon ein kleines Stückl sichern. Immerhin berichtete Ende Mai sogar das Staatsfernsehen vom Abritt der kleinen Schwadron mit ihren blauen Uniformen, Schwertern und Rußlandfahnen. 

Auf historisch korrekte Termine kommt es bei soviel Kosakennostalgie ohnehin nicht an. Genausowenig wie auf die Tatsache, daß in der Roten Armee die Anzahl westwärts reitender Kosaken überschaubar war. Die kämpften im Zweiten Weltkrieg nämlich auf der anderen Seite und mußten nach dem „Tag des Sieges“ in Divisionsstärke den Marsch nach Osten antreten, von den „glorreichen Sowjets“ ins Massengrab oder den Gulag eskortiert.