© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/15 / 05. Juni 2015

Evangelischer Kirchentag in Stuttgart
Die Gräben bleiben
Gernot Facius

Der Kirchentag in Stuttgart ist wieder vieles: Seismograph gesellschaftlicher Trends, Zeitansage oder wie immer die Metaphern heißen. Nur eines ist er nicht: die evangelische Kirche. Er repräsentiert nur ein – einflußreiches – Segment des unter geistlicher Auszehrung leidenden Protestantismus. 

Jeder zweite Besucher, das ergab eine Umfrage, sympathisiert mit den Grünen. Die Veranstaltungen kommen den Themen dieses Publikums entgegen: Flüchtlings-, Friedens- und Gender-Politik dominieren das Treffen. Es wird für „sexuelle Vielfalt“ und für eine „geschlechterbewußte Theologie“ geworben. 

Der avisierte Auftritt des Travestiekünstlers „Fräulein Wommy Wonder“ macht so manchen Konservativen ratlos, er hat schon zu schlucken, wenn er von einem Mittagsgebet der Religionen in der Podienreihe „Muslime und Christen“ liest. Der Verdacht auf Religionsvermischung drängt sich auf. Beten doch Christen zu dem Gott, der sich in Jesus offenbart hat, Muslime nicht. 

Positiv ist, daß der pietistische „Christustag“ in Kooperation mit dem Kirchentag stattfindet. Damit sind die theologischen Gräben freilich noch nicht zugeschüttet. Bleibt zu hoffen, daß wenigstens das Motto von Stuttgart 2015, „Damit wir klug werden“, ein Halbsatz aus Psalm 90, reflektiert wird.