© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/15 / 29. Mai 2015

Einwurf eines US-Libertären gegen teure staatliche Maßnahmen zum „Klimaschutz“
Ihr versteht Wirtschaft nicht!
Ryan McMaken

Ich bin kein Mensch, der die Debatte um den Klimawandel oder die Klimawissenschaft im Detail verfolgt. Ich bin auch niemand, der in die Diskussionen um Temperaturmessungen oder Klimatrends involviert ist. Aber ich empfinde es als eine sehr schlechte Idee, die Wirtschaftswissenschaften und die politische Ökonomie den Klimawissenschaftlern und ihren Freunden in der Politik zu überlassen, die beklagenswerte Defizite im Wissen um die Funktionsweise einer Marktwirtschaft aufweisen und nicht verstehen, wie knappe Güter und erreichte Standards bewahrt, erhalten oder erzeugt werden.

Es sieht so aus, als sei es für die Vertreter der These einer globalen Erwärmung ausreichend, die Kontrolle der Weltwirtschaft in die Hand von staatlichen Zentralplanern zu geben und alles komme wieder ins Lot. Ihrer Meinung nach müsse die Maschinerie des Staates nur in Bewegung gesetzt werden, und es werde alles mit gerechter Präzision unternommen, um durch eine Erhöhung der Energiekosten und ein Beschneiden der wirtschaftlichen Aktivitäten den klimatologischen Status quo zu erhalten. Die Kosten einer solchen Unternehmung, ob monetär oder in Menschenleben und Wohlstand gerechnet, brauchten niemals in Betracht gezogen zu werden, weil, so heißt es, die einzige Alternative in der totalen Zerstörung unseres Planeten liege.

Natürlich ist diese „Friß  oder stirb“-Nummer ein propagandistischer Traum, denn im echten Leben, wo rationalere Köpfe – manchmal jedenfalls – obsiegen, müssen die Kosten einer vorgeschlagenen staatlichen Handlung gegen die Kosten der Alternativen abgewogen werden. Grundsätzlich gilt dabei, daß die Beweislast auf seiten derjenigen liegt, die staatliche Eingriffe befürworten, da ihr Plan die Verwendung staatlicher Gewalt zum Erreichen ihrer Ziele vorsieht.

Nehmen wir an dieser Stelle einfach einmal an, daß ein globaler Klimawandel stattfindet und daß der Meeresspiegel ansteigt. Trotzdem bleiben noch einige Fragen offen, die von den Klimawandel-Enthusiasten zu beantworten sind:

1. Wie hoch sind die Kosten eures Planes für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen in bezug auf den Lebensstandard und Menschenleben?

2. Sind die Kosten eures Planes höher oder niedriger als die Kosten für andere Lösungsansätze, wie etwa die teilweise Umsiedlung von Einwohnern von Küstengebieten?

3. Könnt ihr zeigen, daß euer Plan mit einer hohen Wahrscheinlichkeit umsetzbar ist und wenn nicht, warum wir ihn trotzdem umsetzen sollen, wenn wir die gleichen Ressourcen auch für andere sinnvollere und dringendere Bedürfnisse wie etwa sauberes Wasser, Nahrung und andere Grundbedürfnisse verwenden können?

Viel zu häufig sind die Reaktionen auf Fragen solcher Art wütende Tiraden darüber, daß wir jetzt handeln müßten. Letztlich ähnelt so eine Haltung einer Person, die plötzlich den Winter näher rücken sieht und verlangt, daß jeder unmittelbar einen Unterschlupf nach ihren speziellen Vorstellungen zu errichten habe. „Könnt ihr denn nicht sehen, daß es kälter wird?“ sagt derjenige. „Wenn wir nicht den Unterschlupf auf meine Art und Weise bauen, werden wir alle erfrieren.“ Wenn dieser Jemand mit Fragen konfrontiert wird, ob sein Plan für einen Unterschlupf wirklich der beste Weg ist oder ob vielleicht vielmehr eine andere Form von Unterschlupf kosteneffizienter ist oder ob andere einen Unterschlupf nach ihren eigenen Vorstellungen errichten sollten, verkündet er verärgert: „Euch Winterleugner interessiert es also nicht, ob wir alle sterben.“

„Die Auswirkungen der Erderwärmung werden den Menschen schaden.“ Vielleicht. Zuerst muß bewiesen werden, daß die Kosten der Erwärmung größer sein werden als die Kosten, die dadurch entstehen, die Menschen unproduktiver und ärmer zu machen.

Wenn nun die Gruppe dem Plan des streitlustigen Ratgebers folgt, findet sie sich unter Umständen in der Situation wieder, daß der Unterschlupf nicht die Kälte abhält oder bauliche Mängel aufweist. In diesem Fall ist die Gruppe weitaus schlimmer dran, weil sie mit hohem Aufwand wertvolle Ressourcen verbraucht hat, die sie anderweitig hätten einsetzen können.

Hier ist ein repräsentativer Auszug aus einer Publikation, die behauptet, den „Mythos“ widerlegt zu haben, eine Regulierung der Wirtschaft habe negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung: „Wenn wir die Menge der immer noch emittierten Treibhausgase nicht drastisch reduzieren, werden uns langfristig sehr wahrscheinlich enorme Kosten aus dem Klimawandel entstehen. Ein Teil dieser Kosten wird aus Anpassungseffekten und unausweichlichen Störungen bestehen. Zum Teil werden die Kosten aufgrund von Turbulenzen und Unsicherheiten im Wirtschaftsleben zusätzlich steigen. Darüber hinaus entstehen Kosten, die sich nicht quantifizieren lassen, insbesondere wenn wir versuchen, Menschenleben und deren Verlust zu messen.“ (in Englisch auf der Netzseite www.skepticalscience.com, „Was sind die ökonomischen Auswirkungen einer CO2-Abgabe?“, Anm. d. Red.)

Was sind diese „enormen Kosten“? Wie verteilen sie sich auf „Störungen“ und „Anpassungseffekte“? Wenn wir ein wenig tiefer in die vorgeschlagenen Pläne blicken, sehen wir, daß die Versuche, solche Kosten zu schätzen, auf hochspekulativen Computermodellen beruhen. Es ist nicht mehr als die Annahme, daß ihre Vorgehensweise der der anderen überlegen ist. Aber auch hier gilt, daß die Beweislast auf seiten derjenigen liegt, die staatliche Zwangsmittel gegen andere einsetzen wollen.

Außerdem fällt es sogar Mainstream-Wissenschaftlern auf, daß die vorgeschlagenen Reduzierungen der Kohlenstoff-emissionen, wie etwa die Reduzierung der „CO2-Emissionen auf achtzig Prozent des Niveaus von 1990“, rein willkürlich sind. In der Tat müssen sie auch willkürlich sein, weil die Leute, die solche Maßnahmen vorschlagen, keine Vorstellung davon haben, um wie viel die Kohlenstoffemissionen gekürzt werden müßten oder ob überhaupt durch irgendeine Reduzierung ihre Ziele erreicht werden können.

Was wir hingegen wissen, ist, daß fossile Energieträger als Grundlage für den enormen Fortschritt in der entwickelten Welt dienen. Durch sie werden Mechanisierung, Transport und industrialisierte Volkswirtschaften erst möglich. Es ist der Aufstieg von Fabriken und anderen industriellen Verarbeitungsschritten gewesen, der Abermillionen von Chinesen (um ein Beispiel zu nennen) vom Joch der Subsistenzlandwirtschaft befreit hat und sie in Fabriken gebracht hat, wo sie das Zehnfache verdienen können. Diese Arbeiter schicken Geld an ihre älteren Familienmitglieder und ermöglichen so die enormen Sparquoten, die die chinesische Wirtschaft antreibt.

Diese Form der Arbeit ist sicherer, produktiver und ermöglicht den Zugang zu mehr und reichhaltigeren Lebensmitteln, besserer medizinischer Versorgung und besseren Wohnungen, als dies landwirtschaftliche Arbeit vermag. Fossile Energieträger sind der Schlüsselfaktor zu alledem, und vorzuschlagen, diesen Menschen den Teppich unter den Füßen wegzuziehen, zeugt von einer Gefühllosigkeit gegenüber der Menschheit, die wirklich verstörend ist.

Nun wenden Vertreter der globalen Erwärmung ein, „die Auswirkungen der globalen Erderwärmung werden ihnen schaden“. Vielleicht. Aber wenn dies der Fall sein sollte, so müssen sie uns zuerst beweisen, daß die Kosten der globalen Erwärmung größer sein werden als die Kosten, die dadurch entstehen, die Menschen unproduktiver, ärmer und mittelloser zu machen.

Ein zweiter wichtiger Gesichtspunkt hinsichtlich der Bedeutung von Energie ist Frischwasser. Die Trockenheit in Kalifornien hat uns daran erinnert, daß Frischwasser eine knappe Ressource ist. Da eine größere Bevölkerung noch mehr Wasser benötigt, kann das zusätzlich notwendige Frischwasser mit Hilfe von Energie erzeugt werden, etwa durch den Einsatz von Entsalzungsanlagen und Pumpwasserleitungen.

Heutzutage sind solche Überlegungen allerdings noch immer unrentabel, da das Problem der Wasserknappheit meist durch billigere Methoden gelöst werden kann, etwa durch den Import von Lebensmittel aus Regionen mit feuchterem Klima und durch den Einsatz von auf Schwerkraft basierenden Wasserleitungen. In Zukunft jedoch, wo durch den Bevölkerungszuwachs Wasser immer knapper werden wird, werden die am besten geeigneten Lösungen immer energieintensiver werden.

„Aber die globale Klimaerwärmung verursacht doch erst die Dürre!“ werden nun einige einwenden. Vielleicht. Aber diese Leute müssen immer noch beweisen, daß ihr Plan die Dürren beenden wird und genügend Wasser für alle zur Verfügung steht.

Trotzdem wollen die Vertreter der These einer globalen Erwärmung durch Planwirtschaft und künstliche Beschränkung des Energieverbrauchs den Preis für Wasseraufbereitung erhöhen. Durch Limitierung solcher Methoden verhindern sie zudem den technologischen Fortschritt, der durch praktische Erfahrung mit der Wasseraufbereitung und der Frischwasserproduktion entsteht.

Seltsamerweise sind es meist die gleichen Leute, die behaupten, daß es staatlicher Eingriffe bedürfe, da „reiche Leute“ sonst das Wasser horten würden, die mit dem dadurch ausgelösten Kostenanstieg bei der Wasseraufbereitung eine viel stärkere monopolistische Struktur bewirken und am Ende jeder höhere Preise zahlen muß.

„Aber die globale Klimaerwärmung verursacht doch erst die Dürre!“ werden nun einige einwenden. Vielleicht ist dies tatsächlich so. Aber diese Leute müssen immer noch beweisen, daß ihr Plan die Dürren beenden wird und genügend Wasser für alle zur Verfügung steht. Sie können aber noch nicht einmal beweisen, daß Dürren wie die kalifornische Dürre der globalen Erderwärmung geschuldet sind. Dabei ist es unnötig darauf hinzuweisen, daß die These, eine weltweite Energiekontrolle würde ermöglichen, daß in einer fernen Zukunft das Wasser von den Berghängen hinunterfließt, reine Spekulation ist. Was wir aber sehr wohl wissen ist, daß die Lebenshaltungskosten für den Normalbürger enorm steigen werden. Mit anderen Worten, die Vertreter der These einer globalen Erwärmung wollen, daß die Menschheit die reale Perspektive der Weiterentwicklung der Wasserversorgung gegen die nur theoretische Perspektive einer Zukunft ohne Dürren aufgibt.

Fassen wir zusammen: Eine Welt mit Kohlenstoffemissionskontrolle und weiteren zentralistischen Plänen mit dem Ziel, die globale Erwärmung zu verhindern, ist eine Welt mit höheren Ausgaben für Nahrung, Wasser und anderen Grundbedürfnissen, die bei ihrer Herstellung Energie verbrauchen. De facto bedeutet das, daß so gut wie alles hiervon betroffen ist. Selbstverständlich werden die Menschen in den am wenigsten entwickelten und ärmsten Teilen der Welt am meisten darunter zu leiden haben. Die Vertreter der globalen Erderwärmung verweisen dabei gerne darauf, daß ihre Maßnahmen am stärksten auf die reichsten Länder abzielen. Aber wenn sie denken, daß sie damit die Entwicklungsländer verschonen können, beweisen sie nur, daß sie nicht verstehen, wie der globale Welthandel funktioniert. Unterdrückt man die Wirtschaftstätigkeit und den Konsum in dem entwickelten Teil der Welt, führt dies nur zu niedrigeren Löhnen und weniger Wachstum in den sich entwickelnden Ländern.

Wie der Mann, der hysterisch verlangt, daß jeder den Unterschlupf für den Winter nach seinen Vorstellungen baut oder eben sterben müsse, denkt der Vertreter der globalen Erwärmung, daß seine hochspekulativen, unbewiesenen, extrem teuren und Armut erzeugenden Pläne die ultimative Lösung für alles sind. Selbstverständlich wollen sie für ihre Pläne von staatlichen Zwangsmitteln Gebrauch machen, um jeden zu zwingen, sich ebenfalls nach ihren Plänen zu richten. Und wenn Milliarden von armen Menschen einen gepfefferten Preis dafür zu bezahlen haben, sind wohlhabende Akademiker und Aktivisten aus der gehobenen Mittelklasse gerne bereit, die Armen diesen Preis zahlen zu lassen.







Ryan McMaken, Jahrgang 1977, ist seit bald zwanzig Jahren in der amerikanischen libertären Bewegung aktiv. Der Buchautor und Publizist studierte Wirtschafts- und Politische Wissenschaften an der Universität von Colorado und arbeitete bis 2014 als Ökonom in einer Lokalbehörde desselben Bundesstaates. McMaken ist Herausgeber von Mises Daily und The Free Man.

Foto:Eingeborenen-frauen mit Plastikkanistern an einem Frischwassertank in der äthiopischen Provinz Harar: Eine Welt mit CO2-Emissionskontrolle und zentralistischen Plänen mit dem Ziel, die „globale Erwärmung“ zu verhindern, ist eine Welt mit höheren Ausgaben für Nahrung, Wasser und anderen Grundbedürfnissen, die bei ihrer Herstellung Energie verbrauchen. Die Menschen in den am wenigsten entwickelten und ärmsten Teilen der Welt werden am meisten darunter zu leiden haben.