© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/15 / 29. Mai 2015

Grüße aus Santiago de Cuba
Hoffen auf den Argentinier
Alessandra Garcia

Derzeit diskutieren viele meiner Landsleute über den anstehenden Besuch des Papstes im September auf Kuba. Welches Geschenk der Argentinier uns wohl mitbringen wird? Wie wird er sich im Vergleich zu seinen Vorgängern verhalten, und welche Folgen wird der Besuch haben?

Der polnische Papst, der Antikommunist Johannes Paul II., hatte uns besonders gefallen. Legte der doch schlitzohrig unseren damals noch herrschenden Chefcomandante herein, als er auf dem Platz der Revolution in Havanna einfach verkündete, künftig sei der 25. Dezember wieder ein öffentlicher Feiertag. 

Was blieb Fidel übrig, als das abzunicken? Schließlich konnte er nicht einfach das Oberhaupt der katholischen Kirche brüskieren. Denn wie hätte er dann selbst vor der Weltöffentlichkeit dagestanden, wenn er dementiert hätte. Seitdem darf Weihnachten wieder offiziell gefeiert werden, und die bis zu diesem Zeitpunkt dahinsiechende katholische Kirche erlebt einen neuen Frühling. Johannes Paul II. hat sie quasi wachgeküßt und ihren Mitgliedern neuen Mut gegeben.

Papst Benedikt XVI. war zwar etwas steif, rang dem Comandante aber den Karfreitag ab.

Der deutsche Papst Benedikt XVI. war zwar etwas steif, aber immerhin rang er dem anderen Comandante, unserem Staatspräsidenten Raul Castro, den Karfreitag ab. Zudem auch den ersten Neubau einer katholischen Kirche seit 1959. In der Stadt Sandino im Südwesten wird sie nun errichtet. Als der alte Herr dann, nicht lange nach seinem Kubabesuch, plötzlich als Gottes Stellvertreter auf Erden zurücktrat, staunten wir und blickten erwartungsvoll nach Havanna. Aber dort betrachtete man das nicht als Zeichen, keiner der Halbgötter trat zurück.

Und nun dieser Argentinier, der einfach an den Grundfesten unserer sozialistischen Revolution rüttelt: vor allem an der verläßlichen Wirtschaftsblockade durch die USA und damit sogar die Staatsdoktrin gefährdet, die darin besteht, daß die Vereinigten Staaten an allem Elend Kubas schuld sein sollen.

Seit sogar die kommunistische Tageszeitung Granma nicht nur vom anstehenden Besuch des Papstes berichtet, sondern auch von der Privataudienz, die Präsident Raul Castro im Vatikan erhalten hatte, warten wir wieder gespannt auf die Verkündung: Ostermontag, Pfingstmontag, Fronleichnam oder Himmelfahrt, was werden wir wohl 2016 feiern dürfen? Oder wird es doch nur die Ankunft papstbegeisterter US-amerikanischer Touristen sein?