© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/15 / 22. Mai 2015

Anleger müssen mehr Mut aufbringen
Rezension: Lars Günther und Ralf Morrien erklären den Sparern unaufgeregt, wie sie nicht zu den Verlierern der Niedrigzinsphase werden
Ronald Gläser

Die Finanzbranche ächzt unter Niedrigzinsen. Sparer bekommen keine Zinsen mehr. Die private Altersvorsorge ist gefährdet. Diese Liste der Klagen ließe sich fortsetzen. Aber auch ein so ungewöhnliches Wirtschaftsumfeld wie die realexistierende Eurorettungsökonomie muß nicht zum Stillstand führen. Es gibt Auswege aus dem Dilemma.

300 Milliarden Euro durch Niedrigzinsen verloren

Für Lars Günther und Ralf Morrien sind die niedrigen Zinsen sogar ein Muntermacher. Die Deutschen investieren ihr Geld auch fast zwei Jahrzehnte nach der Ausgabe der Telekom-Aktien noch immer zu einem Großteil auf dem Sparbuch. Die Diskussion über die mickrigen Ergebnisse könnte dazu führen, daß ein Umdenken einsetzt und Sparer nach lukrativeren Geldanlagen suchen.

Morrien und Günther („wir sind bekennende Aktienanleger“) fordern mehr Mut von den Deutschen, wenn sie nicht weitere Milliarden verlieren wollen. Laut Hans-Werner Sinn sind den Sparern seit 2008 bereits etwa 300 Milliarden Euro an Zinsen entgangen. Andererseits müssen sie auch immer einen Teil ihre Geldes als Notgroschen parat haben. „Hier müssen sie in den sauren Apfel beißen und die 0-Prozent-Rendite akzeptieren“, so die Autoren.

Das Buch startet mit Grundlagenwissen über das Magische Dreieck der Anlage. Es besteht aus den Faktoren Sicherheit, Risiko und Liquidität. Es gibt keine Anlageform, die das jeweilige Optimum in sich vereint. Der Anleger muß also lernen, immer aufs neue abzuwägen, welcher Punkt für ihn Vorrang hat, wenn er sein Vermögen sichern und vergrößern will.

Das Taschenbuch verzichtet auf Panikmache. Die Autoren unterstreichen, daß sie kein „Crash-Buch der Marke ‘Wie wappne ich mich gegen den politischen und finanziellen Super-Gau’ geschrieben haben“.

Daumen hoch oder

Daumen runter

Das Buch richtet sich an Einsteiger, die noch nie den Finanzteil einer Zeitung gewälzt oder Aktien gekauft haben. Ihnen werden die wichtigsten Anlageformen wie Lebensversicherungen, Aktienfonds, Bausparverträge oder Genossenschaftsanteile vorgestellt – darunter auch seltene Nischenprodukte wie etwa Wandelanleihen oder Discountzertifikate. Alle Anlageformen werden anschaulich mit einer Daumen-hoch/Daumen-runter-Darstellung zusammengefaßt.

Es geht dabei immer nur um reine Finanzprodukte. Zumindest in einem kleinen Exkurs hätten die Autoren auch schildern müssen, wie Anleger den Spieß umdrehen und sich die Niedrigzinsphase zunutze machen: indem sie günstige Immobilienkredite aufnehmen etwa. Noch nie war es so einfach, gleich mehrere Wohnungen zu kaufen und gewinnbringend zu vermieten. Nichts davon steht im Buch. Davon abgesehen ist „Verschenken Sie kein Geld“ ein lesenswerter Leitfaden für Aktienanfänger. Ein seriöser, unaufgeregter Wegweiser durch das Niedrigzins-Tal.

Lars Günther, Ralf Morrien: Verschenken Sie kein Geld! Kapitalanlage in der Null-Zins-Phase. FBV, München 2015, 140 Seiten, broschiert, 6,99 Euro.