© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/15 / 22. Mai 2015

AfD vor der Spaltung
Frauke Petry und ihr Plan B
Dieter Stein

Der Poker um die Macht wird nun noch zähe vier Wochen andauern. 28 Tage, an denen die vor zwei Jahren hoffnungsvoll gestartete Partei Alternative für Deutschland (AfD) sich zur Wonne der Politischen Klasse weiter selbst zu Kleinholz verarbeiten kann. Die Bild-Zeitung konnte sich vor dem Hintergrund der jüngsten Eskalation im AfD-Streit schon nicht mehr bremsen vor Begeisterung und druckte einen höhnischen Nachruf: „Nach dem Kometen-Aufstieg (bis zu 12 Prozent bei Landtagswahlen, Einzug ins EU-Parlament) nun der Kometen-Tod. Durch innere Zerreibung, Islam-Phobie, Pegida-Sympathie, multiple Schizophrenie ...“ Während Deutschlands Leitmedien die FDP, mit ihrer dümmlichen Formel vom „German Mut“ taufrisch wiederauferstanden, hochschreiben, lassen Leitartikler die AfD jubelnd im – von der Partei selbst mit angerührten – Morast aus Intrigen und Richtungskämpfen versinken.

Anfang der Woche präsentierte AfD-Gründer Bernd Lucke die neue Plattform „Weckruf 2015“, mit der er Anhänger für seinen Kurs sammeln will. Es ist eine kaum kaschierte Nötigung, eine Partei, die ihm entgleitet, noch einmal auf seinen Kurs zu zwingen. Es wäre ein Novum, wenn ein amtierender Vorsitzender eine Partei in der Partei gründet, um seine Wiederwahl abzusichern – und damit Erfolg hätte.

Die Messen sind gelesen. Frauke Petry und Bernd Lucke konnten und wollten sich nicht mehr einigen. Die Ehe wird geschieden. Frauke Petry wird nun alleine ein Konzept präsentieren müssen, wie sie mit der AfD trotz eines personellen Aderlasses von Lucke und seinen Getreuen neu starten will.

Viele Mitglieder und Sympathisanten der AfD haben indes den Streit der Führung satt. Eine nicht geringe Zahl droht in den nächsten vier Wochen weder Luckes „Weckruf“ noch seinen Opponenten zu folgen, sondern sich frustriert abzuwenden. Diese Zahl wird um so größer sein, je weniger überzeugend der Plan B ist, den Petry jetzt schnell präsentieren muß – falls sich Lucke nicht doch noch überraschend durchsetzt.

Die AfD ist nicht dem Untergang geweiht. Es gab schon weniger komfortabel ausgestattete Kleinparteien. Die AfD sitzt im Europaparlament und verfügt über vier Landtagsfraktionen. Auch die Grünen mußten nach ihrer Gründung eine Abspaltung mit einem großen Aderlaß unter ihrem Gründungsvater Herbert Gruhl verwinden.

Die Zentrifugalkräfte in Parteien, die rechts von Union und FDP eingeordnet werden, sind jedoch enorm und werden regelmäßig unterschätzt. Sie haben schon zur jetzigen Krise beigetragen, und sie werden nach dem Abgang überwiegend gemäßigter Mitglieder und Funktionsträger noch zunehmen. Vor der Aufgabe, diese auseinanderstrebenden Kräfte zu bändigen, steht jede Führung der AfD, wessen Namen auch immer sie tragen wird.