© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/15 / 15. Mai 2015

Haltungsnote
Konfuzianische Tugend
Felix Lehmann

Läuft man durch Peking oder Shanghai, sieht man immer mehr junge, superreiche Schnösel, denen der schnelle Wohlstand wohl zu Kopf gestiegen ist. Die Damen rennen mit schickimicki Luis-Vuitton-Taschen durch die Straßen, die Herren ziehen den Sportwagen vor. Das verdirbt den Charakter.

Doch es gibt Ausnahmen: Yu Penglin, milliardenschwerer Hotel-Tycoon aus Shanghai, wird wohl auch seine Probleme mit der Jugend gehabt haben. Anfang Mai verstarb er im Alter von 92 Jahren. Der verblichene Unternehmer war ein Chinese vom alten Schlag, dem die konfuzianische Tugend der Bescheidenheit wichtiger war als der Reichtum. Statt seine Kinder mit seinem Vermögen zu beglücken, überführte er den gesamten Besitz in seine wohltätige Stiftung. 9,3 Milliarden Yuan – knapp 1,3 Milliarden Euro – fließen nun in Gesundheit, Bildung und Katastrophenschutz. Schon zu Lebzeiten hatte Yu mehr als eine Milliarde Euro gespendet. „Wenn meine Kinder fähiger sind als ich, dann ist es nicht nötig, ihnen mein Vermögen zu hinterlassen. Sind sie aber unfähig, dann wäre viel Geld für sie eher schädlich“, begründete er seine Entscheidung. Man mag sich kaum den Gesichtsausdruck seiner Kinder vorstellen. Konfuzius jedoch hätte vor Freude gestrahlt.