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Sushi-Nachschub aus der Zuchtstation
Düsseldorfer Biologen wollen den Thunfischfang im Mittelmeer eindämmen
Dieter Menke

Für über eine Million Euro ersteigerte eine japanische Sushi-Restaurantkette 2013 das 222 Kilogramm wiegende Prachtexemplar eines Blauflossenthunfisches (Thunnus thynnus). Solche exorbitanten Preise sind in dem Land, das 90 Prozent aller weltweit gefangenen Thunfische konsumiert, gleichermaßen Gradmesser der Seltenheit wie der Gefährdung dieser Meeresbewohner. Vor allem die Thunfischpopulation des Mittelmeers gilt infolge der unersättlichen japanischen Nachfrage als „extrem gefährdet“.

Ausgerechnet in Düsseldorf, der Stadt mit der größten japanischen Kolonie in Deutschland, koordinieren Biologen EU-Forschungsprojekte, die Bestandsschutz und wirtschaftliche Begehrlichkeiten in Einklang bringen sollen. Seit 1998 leitete Christopher Bridges vom Institut für Stoffwechselphysiologie der Universität Düsseldorf bisher fünf europäische Kooperationsprojekte mit dem Ziel einer nachhaltigen Vermehrung und Aufzucht von Blauflossenthunfischen.

Erstmals legen die Fische in Gefangenschaft Eier ab

Da es von Anfang an geplant war, biologische Forschung ökonomisch rentabel zu machen, sind inzwischen von Spanien bis Israel sechs Aufzuchtstationen in Betrieb, die pro Jahr 900 Millionen befruchtete Eier erzeugen. Dort planen kommerzielle Projektpartner der Düsseldorfer Biologen mittelfristig eine jährliche Zucht von 100.000 Thunfischen, was der aktuellen Fangmenge im Mittelmeer entspräche. Da die Tiere vom Laichen und Befruchten der Eier über die Aufzucht von Larven bis hin zur Mast vollständig aus dem Zuchtkreislauf stammen, könnten sich die gefährdeten Wildbestände, deren Dezimierung auch strenge Fangquotierungen der letzten Jahrzehnte nicht verhindert hat, etwas erholen.

Das sind Zukunftsperspektiven, die sich jetzt ergeben, weil die Wissenschaftler um Christopher Bridges die beiden höchsten Hürden beseitigten, die sich dem Zuchterfolg entgegenstellten. Zum einen gelang es, die sensiblen Fische erstmals in Gefangenschaft zur Eiablage zu bringen. Zum anderen entwickelte man eine spezielle Diät, bestehend aus winzigen Krebstieren und Trockenfutter, um die Überlebensrate der Thunfischlarven auf ein wirtschaftlich interessantes Niveau zu heben. Aus Naturfang benötigt man nun kaum 150 Thunfische als Elterntiere für die Eierproduktion. Dazu kämen „geringfügige Ergänzungen, um den Genpool aufzufrischen“.

Die bei Lachsfarmen auftretenden ökologischen Kollateralschäden sind hingegen, so versichert Bridges, bei der Thunfischzucht nicht zu befürchten. Denn Aufzucht und Mast finden in Seekäfigen in tieferen Küstengewässern statt, wo Abfallstoffe schnell durch die starke Strömung fortgespült und verteilt würden. Da Thunfische sehr robust seien und Krankheiten sie kaum befielen, kämen die Züchter im Gegensatz zu den Lachsfarmern, die als Gewässerverschmutzer in Verruf geraten seien, ohne Medikamente und Antibiotika aus. Einzig das Trockenfutter für die Mast stelle man derzeit noch aus Fangfisch her. Aber man arbeite an Alternativen auf Sojabasis, zeigt sich Bridges zuversichtlich. Weil dieses pflanzliche Futter aber deutlich teurer sei als tierisches Trockenfutter, konzentriere sich die Forschung bereits darauf, von dieser Zwischenlösung wegzukommen und neue Quellen für pflanzliche Proteine zu erschließen, wobei Algen aus Aquakulturen langfristig wohl als Hauptlieferanten in Frage kämen (Magazin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, 1/15).

www.uni-duesseldorf.de

Foto: Ein 222 Kilogramm schwerer Blauflossenthunfisch mit dem Marktwert von 1,3 Millionen Euro in der japanischen Stadt Oma: Der exorbitant hohe Preis weist auf die Gefährdung des beliebten Speisefisches