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Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Der Schlußapplaus will einfach nicht enden, immer wieder ertönen lautstarke „Bravo“-Rufe. Zigmal müssen die Sänger der „Lohengrin“-Aufführung Ende April in der Deutschen Oper Berlin vor den Vorhang treten. Den meisten Beifall erhalten Waltraud Meier (Ortrud), Anja Harteros (Elsa) und vor allem Klaus Florian Vogt für seine Lohengrin-Darbietung. Das klare helle Timbre des 45jährigen bringt alle Töne zum Leuchten, seine Textverständlichkeit ist vorbildlich. Der Publikumsliebling gilt zu Recht als der beste Wagner-Sänger unserer Zeit; zu seinem Repertoire gehören außer dem Schwanenritter auch Parsifal, Stolzing und Siegmund. Von den wichtigen Wagner-Partien fehlen ihm nur noch der Siegfried, Tannhäuser und Tristan. Vorerst jedoch wird er weiter in seiner Paraderolle als Lohengrin glänzen, demnächst in Wiesbaden (25. Mai), dreimal in der ersten Juli-Hälfte in Zürich und fünfmal bei den Bayreuther Festspielen.

Dienstleistungen hierzulande bemessen sich nur allzu oft nach dem Grad ihrer Lustlosigkeit oder Inkompetenz.

An gebrochenem Herzen leiden: gestern nur eine hinlänglich bekannte Redewendung, heute schon eine anerkannte Krankheit. Davon berichtete kürzlich die notorisch belächelte Apotheken-Umschau. Bei dem Broken-Heart-Syndrom handelt es sich um eine Erkrankung des Herzmuskels im Zuge emotionaler Streßsituationen. Schwacher Trost für alle Männer: Mehr als 90 Prozent der Betroffenen sind Frauen, sagen Ärzte, darunter die Internistin und Kardiologin Vera Regitz-Zagrosek, die an der Berliner Charité das Institut für Geschlechterforschung in der Medizin (GiM) leitet.

Mit meiner Volker-Kutscher-Lektüre (Streifzüge vom 27. Februar und 10. April) bin ich inzwischen bei dessen viertem Krimi vor historischem Hintergrund angelangt. In „Die Akte Vaterland“ muß Kommissar Gereon Rath in Masuren ermitteln. Die Handlung spielt im Sommer 1932, die Spuren des zu lösenden Falls indes reichen in die Zeit unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg zurück. In Treuburg (bis Ende 1928: Marggrabowa) im Landkreis Oletzko wird Rath mit den Ereignissen von 1920 konfrontiert, als in einer Volksabstimmung, bei der sich die Bevölkerung für eine Zugehörigkeit zu Ostpreußen oder zu Polen entscheiden sollte, nur ganze zwei Stimmen von über achtundzwanzigtausend für Polen abgegeben wurden. Spannende Kriminalunterhaltung gepaart mit nahezu vergessener deutscher Geschichte – Herz, was willst du mehr?