© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/15 / 01. Mai 2015

Bei Shitstorms nur nicht einknicken
Trendwende: Nachgeben und abwiegeln hat sich als falsch herausgestellt, ab jetzt wird zurückgeschossen
Tobias Dahlbrügge

Unternehmen fürchten sich naturgemäß vor Imageschäden. In Zeiten sozialer Online-Netzwerke werden Marken von Shitstorms (umgangssprachlich, zu deutsch etwa: Wutsturm) bedroht. Die Nutzerschwärme stürzen sich blitzschnell wie Piranhas auf jeden Anlaß zur Empörung.

Unternehmen oder Prominente werden angeprangert und mit Haß überschüttet, dann drohen die Foren-Trolle mit Boykott. Aus lauter Angst, daß der Sturm im virtuellen Wasserglas in die großen Medien schwappt, drehen die Betroffenen regelmäßig bei. Zurückrudern als Breitensport: Es wird dementiert, sich entschuldigt, versichert und Besserung gelobt. So empfehlen es PR-Berater.

Doch diese Strategie ist anachronistisch. Die wenigsten Druckerzeuger sind tatsächlich potentielle Kunden. Darum gehen Unternehmen zunehmend selbstbewußt mit dem Phänomen des wütenden Internet-Mobs um. Drei Beispiele: Als der italienische Nudelhersteller Barilla wegen angeblich homophober Äußerungen – Guido Barilla hatte sich für die traditionelle Familie ausgesprochen – aus dem Netz mit Dreck beworfen wurde, blieb der Konzern cool und ließ die Boykott-Krakeeler wissen, Homosexuelle sollten eben andere Nudeln essen.

Über Unternehmer Winfried Stöcker brach die Wutwelle wegen Rassismus herein, besonders weit lehnte sich dabei der Leiter der Universität Lübeck vor. Stöcker strich konsequent seine Drittmittelzuschüsse für die Uni und kündigte den Fortzug seiner Firma aus der Stadt an!

Der Fruchtgetränkeproduzent True Fruit setzte sich dem Zorn des Tastatur-Pöbels wegen Sexismus und Lookismus aus. Auslöser war Werbung mit einer unattraktiven Frau. Das sei vermeintliche Diskriminierung wegen Häßlichkeit. Der Hersteller teilte mit: „Wir zwingen niemanden, unser Kunde zu sein.“

Erkenntnis: Eine gradlinige Haltung läßt die Empörungsstürme ins Leere laufen und stärkt vor allem die Bindung der loyalen Kunden.