© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/15 / 01. Mai 2015

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Hausverbot für Biene Maja
Paul Rosen

Eine der zahlreichen Modeerscheinungen in der Hauptstadt besteht darin, ein oder zwei Bienenvölker aufs Dach zu stellen. Hotels verkaufen dann „Honig aus eigener Herstellung“ in Berlin-Mitte, und auch das Fernsehen zeigt gerne den Imker vor dem Bienenstock auf dem Dach. Schließlich stehen die kleinen Tierchen nicht nur für Fleiß und leckeren Honig, sondern sind auch ein Symbol für intakte Natur.

Was Hotels können, können wir auch, dachten einige Abgeordnete des Bundestages und schlugen Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) vor, ein Bienenvolk in einen Innenhof des Reichstagsgebäudes zu holen. Martin Burkert (SPD), Bärbel Höhn (Grüne) und Andreas Jung (CDU) hatten die Aktion initiiert und Lammert versichert, eine Gefährdung der Mitarbeiter bestehe nicht. Doch Lammert lehnte ab. Eine „artgerechte Haltung“ sei im Innenhof des Reichstagsgebäudes nicht möglich – allein schon wegen der Luftwirbel durch die Belüftungsanlagen.

Es fragt sich, ob eine artgerechte Haltung von Bienen in Deutschland überhaupt noch möglich ist. Gründe sind die Energiewende und der massive Einsatz von Chemikalien in der Landwirtschaft. Denn die Energiewende hat Landschaft und Natur nachhaltig verändert. Den Bienen macht der massive Maisanbau zu schaffen. Neben der „Verspargelung“ der Landschaft durch Windräder spricht man auch von einer „Vermaisung“. Die Maispflanzen werden in Biogasanlagen geschafft, die – hochsubventioniert – Strom produzieren.

Das hat massive Konsequenzen für die Umwelt und für die Bienen, wie der Deutsche Imkerbund sehr drastisch darstellt: „Mais-Monokulturen, die hohe Mengen an Insektiziden, Herbiziden, Fungiziden und Düngemitteln benötigen, stellen ein Problem mit Langzeitfolgen dar, weil ständiger Maisanbau ohne Fruchtwechsel humuszehrend ist und Böden auslaugt, Maisanbau die Erosion aufgrund der geringen zeitlichen Bodenbeckung fördert, Maisanbau hohe Düngegaben erfordert, Maisanbau den Bienen sowie anderen Insekten die nachhaltige ganzjährige Nahrungsgrundlage entzieht und nur eine minderwertige Pollenversorgung garantiert und Maisanbau gleichzeitig ein Gefahrenpotential für Insekten und andere Lebewesen darstellt.“

Der Imkerbund verweist auf das große Bienensterben im Oberrheingraben 2008 aufgrund des Beizmittels für Maissaatgut, um den Maiswurzelbohrer zu bekämpfen. 11.500 Bienenvölker seien schwerst geschädigt worden. Es handelte sich um einen Gifteinsatz für Energiepflanzen. 2,5 Millionen Hektar in Deutschland sind inzwischen mit Mais bepflanzt, 2006 waren es erst 1,7 Millionen Hektar. Bienen finden in diesen Mais-Wüsten, die sie nicht überfliegen können, keine Nahrung mehr. Sie gehen schon geschwächt in den Winter und werden dann oft Opfer einer eingeschleppten Milbe. Das von Politikern beklagte Bienensterben ist Realität. Doch die Ursachen haben diese Politiker mit der von ihnen beschlossenen Energiewende erst selbst geschaffen. Daran würde auch ein Bienenvolk im Innenhof des Reichstags nichts ändern.