© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/15 / 24. April 2015

Chinas Wirtschaftswachstum schwächelt
Gerade noch rechtzeitig
Albrecht Rothacher

Die derzeit laufende „Auto Shanghai“ hat sich zur größten Fahrzeugmesse der Welt gemausert. Und nach europäischen Maßstäben ist Chinas Wirtschaftswachstum von sieben Prozent sensationell. Doch dies ist die niedrigste Wachstumsrate der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt in 24 Jahren. Dennoch scheint die kommunistische Führung in Peking zufrieden. Präsident Xi verfolgt lieber seine politischen Gegner im Namen der Korruptionsbekämpfung.

Zehntausende sitzen bereits hinter Schloß und Riegel. Völlerei und ostentativer Konsum sind nicht länger angesagt. Manche Funktionäre hatten sich buchstäblich zu Tode gefressen und getrunken. Jetzt versucht die KP-Führung, der Umweltvergiftung, dem Wassermangel und der Immobilienblase auf den Leib zu rücken. Die Städte und Gemeinden finanzieren sich hauptsächlich über den Verkauf von Grund und Boden. Ganze Geisterstädte sind so entstanden. Jetzt brechen die Werte ein, ähnlich wie in Spanien zur Zeit der Finanzkrise. In China könnte die Verminderung des Wachtumswahns gerade noch zur rechten Zeit erfolgen. Ohnehin versucht man, nicht länger die verlängerte Werkbank der Welt zu spielen. Fertigung wird ins Ausland verlagert, sogar nach Europa. Ergebnis der chinesischen Exporte sind Billionen an Devisen, die von den Zentralbanken in Frankfurt, Tokio und Washington systematisch entwertet werden. Der chinesische Arbeitsmarkt ist weiterhin stabil. Unruhen gibt es trotz gelegentlicher Streiks keine.

Die Pekinger Führung will jetzt vorrangig in Bildung und Infrastruktur investieren. Auch ihr Projekt einer Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB), der sich trotz US-Warnung fast alle europäischen Länder – darunter auch Deutschland und Österreich – angeschlossen haben, soll diesem Ziel dienen. Niemand will von den chinesischen Honigtöpfen von 50 Milliarden Euro für solche panasiatischen Projekte – von Häfen, Autobahnen, Pipelines oder Eisenbahnlinien – ausgesperrt bleiben.