© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/15 / 17. April 2015

Knapp daneben
Frankreich revolutioniert die Weltwirtschaft
Karl Heinzen

In der Weltwirtschaft hat Frankreich den Anschluß verloren. Will das Land diesen Trend umkehren, muß es sich auf seine traditionellen Stärken in der internationalen Arbeitsteilung besinnen. Zu diesen zählt nicht nur eine außerordentliche Vielfalt exquisiter Käsesorten und Weine. Seit den Tagen der Guillotine gilt es auch als Wiege der Menschenrechte.

Um diese „Werte, die Frankreich seit 1789 vertritt“, geht es, so die Begründung der federführenden sozialistischen und grünen Parlamentarier, in einem neuen Gesetz, das international tätige Konzerne dazu verpflichten soll, ihre globalen Zulieferer zur Einhaltung sozialer und ökologischer Normen anzuhalten. Ursprünglich war sogar beabsichtigt, die Beweislast den Unternehmen aufzuerlegen. Nun sind es aber doch die Kläger, die vor Zivilgerichten einen Gesetzesverstoß belegen müssen. Den Einwand, daß ein solch wichtiges Problem heute nicht im nationalen Alleingang zu regeln sei, lassen die Abgeordneten nicht gelten.

Wie aber will man dem Bauern, der die Rohstoffe liefert, in den Arm fallen, wenn er seine Frau schlägt?

Ihr Ziel ist es, die EU-Kommission zu einer Richtlinie in ihrem Sinne zu bewegen. Mit ein wenig Glück könnte also auch die deutsche Wirtschaft schon bald von der Initiative profitieren.

Mehr als ein Schritt in die richtige Richtung ist aber dieser Gesetzentwurf nicht. Es wäre zwar erfreulich, wenn auch in einer Textilfabrik in Bangladesch, die für westliche Markenhersteller produziert, die universalen ethischen Standards gelten würden. Wie aber will man dem Bauern, der die Rohstoffe liefert, in den Arm fallen, wenn er seine Frau schlägt? Oder einschreiten, wenn sich unter den Beschäftigten Ressentiments gegen bestimmte sexuelle Orientierungen regen? Oder die Regierung des Landes dazu bewegen, faire und freie Wahlen zuzulassen?

Vor allem aber sollte man zunächst vor der eigenen Haustür kehren: Alle Unternehmen, und beileibe nicht nur die Zulieferer in den Armutsregionen der Welt, sind autoritäre Zwangsanstalten, die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit als die Prinzipien der Französischen Revolution mit Füßen treten. Wer die Menschenrechte liebt, kann diese Privilegien nicht dulden.