© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/15 / 17. April 2015

Deutsche Panzer gegen betrunkene Polen
Polnische Truppen unter sowjetischem Oberbefehl verübten massive Kriegsverbrechen bei Kämpfen in Ostsachen 1945
Paul Leonhard

Die Schlacht um das ostsächsische Bautzen, die vom 21. bis 26. April 1945 dauerte, läßt sich in einem Satz zusammenfassen: Hochmotivierte deutsche Panzereinheiten greifen eine von einem Trunkenbold kommandierte, schlecht ausgebildete, aber bestens bewaffnete polnische Armee an, vernichten diese zum Großteil, können aber ihren Erfolg mangels Treibstoff nicht ausnutzen.

Die Rückeroberung der sorbischen Stadt gilt als einer der letzten taktischen Erfolge der Wehrmacht an der Ostfront. Bis zur Gesamtkapitulation am 8. Mai bleibt Bautzen in deutscher Hand. Der Vormarsch des Gegners auf Dresden ist gestoppt. Große Flüchtlingsmengen können sich noch nach Westen in Sicherheit bringen.

Im Zuge der Berliner Operation war es zuvor der erst im Januar 1945 aufgestellten 2. Polnischen Armee zusammen mit Teilen der 52. Sowjetischen Armee gelungen, ab dem 16. April weite Gebiete Ostsachsens zwischen Niesky, Bautzen und Kamenz zu besetzen. Die von der Sowjetunion militärtechnisch ausgerüstete Streitmacht bestand aus fünf Infanteriedivisionen und einem Panzerkorps mit ingesamt 89.000 Mann und wurde von Karol Swierczewski geführt. Der NKWD-General war zwar gebürtiger Pole, hatte aber sein bisheriges Leben als bolschewistischer Offizier (auch gegen Polen) gekämpft und war im Spanischen Bürgerkrieg unter dem Namen „General Walter“ durch die hohen Verluste der ihm unterstellten Truppen aufgefallen.

Kriegsgefangene wurden in einer Scheune verbrannt

Swierczewski wollte sowohl Bautzen erobern als auch Dresden. Als der von starken Panzergruppen – 20. Panzerdivison sowie Fallschirm-Panzer-Division 1 „Hermann Göring“ – getragene Gegenangriff einsetzt und die polnische Armee spaltet, teilweise einkesselt und von der Versorgung abschneidet, ignoriert der General die Gefahr und setzt seinen Angriff in Richtung Dresden fort. Swierczewski soll ständig derart betrunken gewesen sei, das er sich nicht konzentrieren konnte, wird aus seinem Umfeld berichtet.

Zusätzlich verunsichern widersprüchliche und falsche Befehle seines Stabes die Einheiten. So werden Infanterieangriffe gegen Panzer angeordnet. Andernorts wird die schwere Artillerie in den direkten Kampf gegen deutsche Infanterie und Panzer geschickt. Als Swierczewski sein Panzerkorps in einem Gewaltmarsch aus dem Raum Dresden zurückbeordert, ist es zu spät. Die Wehrmacht entsetzt bereits ihre in Bautzen eingeschlossenen Kameraden. Swierczewski muß Oberbefehlshaber Marschall Iwan Konjew auf die sich anbahnende Katastrophe aufmerksam machen, der eilends acht Divisionen schickt. Diese erleiden selbst schwere Verluste. Den deutschen Vormarsch beendet allein der fehlende Treibstoff.

Augenzeugenberichte über die mit äußerster Brutalität geführten Kämpfe in der Oberlausitz gibt es nur wenige. In Weigersdorf werden am 21. April 120 von den Sowjets an die Polen übergebene Kriegsgefangene erschossen. Angesichts der Bestialität, der die Wehrmacht in den rückeroberten Gebieten begegnet, machen auch die Deutschen kaum Gefangene. Groß ist das Leiden der Zivilbevölkerung. Soldaten berichteten, daß sie in Bautzen in kürzester Entfernung mehr als zwanzig am Straßenrand stehende T-34 zerstören konnten, weil sich die „Besatzungen in den Häusern vergnügten“. Im Häuserkampf habe man es vor allem mit betrunkenen Polen zu tun gehabt, die „dabei Frauen als Kugelfang“ vor sich her trieben.

Den Höhepunkt bildete in Niederkaina die Ermordung von mehr als 200 Volkssturmmännern, die sich zuvor ergeben hatten. Sie wurden in eine Scheune gesperrt, die dann von polnischen Soldaten angezündet wurde. Es gab nur zwei Überlebende. Weitere siebzig deutsche Soldaten wurden im Umfeld mit Genickschuß ermordet. Polnische Historiker machen dagegen geltend, daß Brigadegeneral Alexander Waszkiewicz, ein Intimfeind Swierczewskis, nach seiner Gefangennahme im Verhör erschlagen worden sein soll.

Obwohl Swierczewski zu keiner Zeit der Situation gewachsen war, wird er nach der Schlacht befördert und im Februar 1946 Vize-Verteidigungsminister. Um ihn wird der Mythos des unbesiegten Feldherrn gewoben. Erst nach dem Ende des Kommunismus wird klar, daß die Inkompetenz des Generals dazu geführt hat, daß die 2. Polnische Armee innerhalb weniger Tage 22 Prozent ihrer Soldaten und fast 60 Prozent ihrer gepanzerten Fahrzeuge einbüßte. Abgesehen vom Warschauer Aufstand vom Herbst 1944 gab es keine Militäroperation, bei der mehr Polen ums Leben kamen. Die Organisation der ehemaligen polnischen Unabhängigkeitskämpfer forderte 2003, zu klären, ob Swierczewski „Verbrechen gegen die polnische Nation“ begangen habe. Er habe zur Versklavung des polnischen Volkes beigetragen und seine Todesurteile gegen 29 polnische Militärangehörige würden keiner Verjährung unterliegen.