© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/15 / 17. April 2015

Vera Lengsfeld von Gedenkveranstaltung ausgeladen
Demokratie absurd
Moritz Schwarz

Die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld kennt das schon. Im Jahr 2004 hatte sie sich – übrigens in einem Interview mit dieser Zeitung – für eine faire Behandlung ihres CDU-Bundestagskollegen Martin Hohmann eingesetzt. Dieser hatte angeblich die Juden in einer Rede als „Tätervolk“ bezeichnet. Lengsfeld nahm ihn gegen Vorverurteilungen in Schutz. Kurz darauf wurde sie von der Evangelischen Akademie Tutzing brüsk ausgeladen.

Nun empört sich das „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ in Zwickau. Es hat die Eröffnungsrede, die Lengsfeld am Montag beim „Tag für Demokratie und Toleranz“ zur Erinnerung an die Friedliche Revolution vor 25 Jahren hätte halten sollen, kurzfristig storniert. Die Begründung? Lengsfeld habe sich „Positionen angeeignet, die das Bündnis nicht akzeptiert“. Konkret geht es um Vorwürfe Dritter, Lengsfeld sympathisiere mit Pegida. Tatsächlich hatte die Bürgerrechtlerin etwa in der ARD-Sendung „Anne Will“ gefordert, Pegida-Teilnehmer nicht vorschnell als Extremisten abzustempeln. Natürlich darf ein Verein ein- und ausladen, wen er will. Ausgerechnet aber im Namen von Pluralität und Toleranz andere Ansichten nicht zu akzeptieren, entbehrt nicht einer zynischen Ironie. Übrigens, im Fall Hohmann stellte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main schließlich fest, der „Tätervolk“-Vorwurf entbehre jeder Grundlage.