© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/15 / 10. April 2015

Ein Streiter für die Selbstbestimmung
Zum achtzigsten Geburtstag des Innsbrucker Staatsrechtlers Peter Pernthaler / Mit Felix Ermacora arbeitete er das Südtirol-Paket aus
Wolfgang Schimank

Am 12. April 2015 feiert der emeritierte Staatsrechtler Peter Pernthaler seinen 80. Geburtstag. Da seine väterlichen Wurzeln in Südtirol liegen, waren die Belange ethnischer Minderheiten, insbesondere natürlich die der Südtiroler, ein Leitbild seiner akademischen Arbeit. Er promovierte an der Universität Innsbruck in Rechtswissenschaften beim Verfassungsrechtler Felix Ermacora und arbeitete zwischen 1957 und 1962 auch als Assistent bei dem über Österreichs Grenzen hinaus bekannten Menschenrechtsexperten, der sich vehement für das Selbstbestimmungsrecht der Südtiroler einsetzte. Anschließend habilitierte er an der Universität Innsbruck zum Thema „Der Rechtsstaat und sein Heer“. Zwischen 1963 und 1966 arbeitete er im Bundeskanzleramt in Wien im Verfassungsdienst. 1968 wurde er zum Professor am Institut für öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Innsbruck berufen, wo er sich mit der Ausarbeitung und der Durchführung der einzelnen Schritte des Südtirol-Paketes befaßte.

Die Selbstbestimmung hat höheren Wert als Grenzen

Im November 1969 kam es in Meran bei der Vollversammlung der Südtiroler Volkspartei (SVP) zur geschichtsträchtigen Abstimmung über die sogenannte „Paketlösung“. 583 Mitglieder stimmten für die Annahme, 482 dagegen. Viele SVP-Mitglieder, aber auch ein großer Teil der Südtiroler Bevölkerung, glaubten nicht, daß die 137 Punkte, mit denen die italienische Regierung den Südtirolern in der Doppelregion Trentino-Südtirol mehr Autonomie gewähren wollte, ausreichen würden, um die Zukunft der deutschen und ladinischen Bevölkerung abzusichern. Das von Pernthaler und Ermacora verfaßte Paket trat 1972 in Kraft. Allerdings dauerte die Umsetzung fast zwanzig Jahre. In den italienischen Parteien gab es großen Widerstand. Zudem war die Lebensdauer der italienischen Regierungen extrem kurz (im Schnitt 18 Monate). Die friedliche Revolution in der DDR 1989 und die anschließende Wiedervereinigung ließen die Italiener befürchten, der Funke könnte auch auf Südtirol überspringen. Deshalb beeilten sie sich, die restlichen Punkte des Paketes zu erfüllen.

Pernthaler war von 1975 bis 2000, unterbrochen nur von einigen Gastprofessuren in Australien und Kanada, Direktor des Instituts für Föderalismusforschung (jetzt Institut für Föderalismus) in Innsbruck. Dabei vertrat er unbeeindruckt von der politischen Agenda auch über den Südtiroler Autonomiekurs hinausgehende Visionen: „Ich habe mich ein Leben lang mit dem Minderheitenrecht befaßt und glaube, daß das externe Selbstbestimmungsrecht durchaus eine rechtliche Grundlage für eine Grenzänderung auf friedlichem Weg ist. Dazu ist es aber notwendig, daß die Südtiroler selbst den politischen Willen dazu bilden und von der Schimäre der dynamischen Autonomie abrücken. Nur das Selbstbestimmungsrecht ist – jetzt noch, aber nicht mehr lange – eine echte Alternative. Ich habe daher eine Verfassung des ‘Freistaates Südtirol’ ausgearbeitet.“

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