© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/15 / 10. April 2015

CD-Kritik: Philippe Jaroussky
Geheimer Garten
Jens Knorr

Läßt sich auch ihr Komponieren nicht auf einen Nenner bringen, so haben Komponisten wie Debussy und Georges Brassens, Varése und Charles Trenet, Fauré und Leo Ferré und all die anderen auf Philippe Jarousskys neuem Doppelalbum vertretenen außer ihrer französischen Herkunft eines noch gemeinsam: Sie haben sich von der Poesie eines Sozialisten, Alkoholikers, Vagabunden, Syphilitikers, Homosexuellen infizieren und zu „Mélodies“ anregen lassen, von der Poesie des „Prince des poètes“ Paul Verlaine.

Nicht erst seit seinem Album „Opium“ von 2009, sondern schon seit seiner Schulzeit, da der Zehnjährige „D’une prison“ auswendig lernen mußte, sind Verlaines Gedichte Jarousskys „Geheimer Garten“. Aus den Aberhunderten Vertonungen hat er einige süß-giftige Gewächse ausgewählt und mit Jérôme Ducros am Klavier und den Musikern des Quatuor Ebène zu einem entspannten musikhistorischen Exkurs, zuvorderst jedoch zu schwer süchtig machendem Stoff verarbeitet.

Traumwandlerisch sicher bewegt sich der Countertenor in gegensätzlichsten Idiomen, bringt sowohl vertrackte Strukturen der avancierten Kompositionen als auch raffinierte Lässigkeit der Chansons zur Geltung. Und alle seine Komponisten auf den einen Nenner: „Musik vor allem andern.“ Wer hat’s gesagt? Verlaine!

Philippe Jaroussky Green. Mélodies françaises Erato/Warner Classics 2015 www.philippejaroussky.fr

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