© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/15 / 10. April 2015

What‘s App & Co. schleifen das gewinnträchtige SMS-Oligopol
Gut, daß der Markt siegt
Ronald Gläser

Ludwig Erhard soll gesagt haben: Wenn fünf Unternehmer in einem Raum sitzen, dann entsteht kein Markt, sondern ein Kartell. Der Kampf gegen heimliche Preisabsprachen war eines der wichtigsten Motive des Wirtschaftsministers und späteren Kanzlers. Ein zentrales Kapitel seines Bestsellers „Wohlstand für alle“ lautete nicht von ungefähr: Kartelle, Feinde der Verbraucher.

Ein solches Kartell hat die Mobilfunkkunden weltweit zwanzig Jahre lang ausgeplündert: die Netzanbieter. Klingt hart, ist aber so. Wenn wir bedenken, daß die Kosten für eine SMS im Millibereich eines Cents liegen, so ist der Einheitspreis von 19 Cent pro Nachricht einfach zu hoch. Komischerweise gilt das bei allen wichtigen Anbietern: T-Mobile, Vodafone, Telefónica (O2 und E-Plus). Seit zwei Jahrzehnten. Das liegt daran, daß die Zahl der Wettbewerber zu gering ist und eine Absprache daher möglich war. Selbst der sprichwörtliche Blinde mit dem Krückstock erkennt, daß eine solche Absprache hier vorlag.

Nun jedoch geht es mit der SMS zu Ende. Über WhatsApp wurden 2014 erstmals weltweit mehr Nachrichten versendet als über alle GSM-Netze zusammen. Und zwar nicht nur die deutschen Netze, sondern weltweit. Ein kleines Programm, das sich jeder Smartphone-Nutzer zum Spottpreis – das Abo kostet weniger als einen Euro pro Jahr – herunterladen kann, revolutioniert den Markt.

Daraus lernen wir zwei Dinge: Ein Anbieteroligopol ist über kurz oder lang zum Scheitern verurteilt, weil der Markt bessere Lösungen findet – in diesem Fall, indem er einen neuen Anbieter zum Markteintritt bewegt hat. Das Kartellamt hingegen hat in all den Jahren kläglich versagt. Es verfolgt angebliche Bierpreisabsprachen, übersieht aber das Offensichtliche. „Versagt der Staat auf diesem Felde, dann ist es auch bald um die Soziale Marktwirtschaft geschehen“, schrieb Ludwig Erhard über Kartelle. Gerade dieser Satz aus „Wohlstand für alle“ gilt im Zeitalter umfassender staatlicher Regulierung mehr denn je.

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