© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/15 / 03. April 2015

Zeitschriftenkritik: G/Geschichte
Die wichtigste Reliquie
Werner Olles

Die Verehrung der Reliquien von Heiligen und Märtyrern, die für ihren Glauben in den Tod gingen, hat in der römisch-katholischen Kirche eine lange Tradition. Als „Mysterien der Macht des Glaubens“ sind sie aus der Geschichte des Katholizismus nicht wegzudenken. Ob es sich um den Heiligenschrein Thomas Beckets, das Baseler Fußreliquiar aus dem 15. Jahrhunderts, das Gisela-Kreuz in der Münchner Residenz, den Apostelarm aus dem ehemaligen Kirchenschatz des Braunschweiger Stifts St. Blasius aus dem 12. Jahrhundert oder um eine Reliquie Johannes des Täufers handelt: Immer zogen die Menschen Kraft aus ihrem Reliquienglauben, der ihnen half, „das Geheimnis Gottes zu erspüren“.

Doch die wichtigste Reliquie des Christentums ist das Kreuz Jesu. Bis heute ranken sich zahlreiche Legenden darum, in der bekanntesten spielt eine Frau die Hauptrolle: Helena, die Mutter Kaiser Konstantins. Etwa 326 n. Chr. weilte sie in Jerusalem, um das Kreuz Christi zu finden. Ihre Suche nach dem Kreuz geschah jedoch nicht allein aus religiösen Motiven. Ebenso wichtig war es als Zeichen für Konstantins Machtergreifung und sollte dem Zweck dienen, das Reich zu einen. Wie Helena letztlich das Original entdeckte, ob sie es tatsächlich selbst fand, oder ob sie zuvor gefundene Hölzer nachträglich als das eine Kreuz identifizierte, läßt sich nicht mehr rekonstruieren. Zunächst als Mythos abgeschmettert, nehmen jedoch in neuerer Zeit Wissenschaftler wieder an, Helena könnte tatsächlich etwas entdeckt haben, was zumindest als Teil des „Holzes des Kreuzes“ identifiziert worden ist.

Die monatlich erscheinende Zeitschrift G/Geschichte (Untertitel: Menschen – Ereignisse – Epochen) beschäftigt sich in ihrer aktuellen Ausgabe (4/2015) neben den „Mysterien des Mittelalters“ in der Serie „Unterwelten“ mit dem Salzbergbau im österreichischen Bad Dürrnberg. Zwar wird dort heute kein „weißes Gold“ mehr gefördert, doch die Salzwelten bergen noch viele Geheimnisse. Hier haben die Kelten vor über 2.500 Jahren angefangen, das Salz aus dem Berg abzubauen. Der Rohstoff wurde dringend zur Konservierung von Speisen und zur Viehhaltung benötigt. Obwohl die Kelten selbst ihren Alltag nie schriftlich festgehalten haben, wurden sämtliche Bauten nach Ausgrabungen konstruiert. Wandbilder illustrieren typische Alltagsszenen. Im für Besucher geöffneten Bergwerk und im Keltendorf und Keltenmuseum im Tal lassen sich die Originale besichtigen: Knochen aus den Gräberfeldern, Holzelemente der keltischen Häuser und filigranes Kunsthandwerk. Die Grabbeigaben verraten viel über die Kelten, die durch den florierenden Salzabbau reich wurden und dadurch die Möglichkeit nutzten, feine kunsthandwerkliche Meisterwerke herzustellen. Seit 1989 wird hier aus wirtschaftlichen Gründen kein Salz mehr gefördert, heute sind es nur noch Besuchergruppen die auf den Spuren des Salzes und der Kelten wandeln.

Kontakt: Bayard Media, Böhlheimstr. 8, 86513 Augsburg. Das Einzelheft kostet 5,50 Euro, ein Jahresabo 68,60 Euro. www.g-geschichte.de

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