© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/15 / 27. März 2015

Weltweit tobt ein Währungskrieg
Geldpolitik: US-Notenbank deutet Erhöhung der Nullzinsen an / Europa und Japan setzen weiter auf Schwächung ihrer Währung
Albrecht Rothacher

Erstmals seit sechs Krisenjahren deutete die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) eine Erhöhung ihrer faktischen Nullzinsen an. Wann das genau sein wird, blieb aber offen: „Unsere Politik hängt von den Daten ab“, erläuterte Fed-Chefin Janet Yellen vorige Woche – sprich: wenn der amerikanische Arbeitsmarkt und die Dollar-Inflation das zuließen. Die US-Exportindustrie ist von Yellens Andeutungen wenig begeistert, denn weltweit tobt ein Währungskrieg. Jeder will derzeit abwerten.

Die halbierten Öl- und Gaspreise und zweistellig gesunkenen Industrierohstoffnotierungen machen dies attraktiv. So kann man mit einer billigen Währung die Exporte fördern, und die Zwangsimporte tun nicht so weh. Die USA haben es zunächst vorgemacht. Jetzt treiben es am radikalsten die Europäische Zentralbank (EZB) unter Mario Draghi und die Japaner unter der Parole „Abenomics“. Beide beschwören das Monster einer Deflation und fluten die Wirtschaft mit Geld, das keiner will und braucht.

Am 9. März begann das bis September 2016 laufende EZB-Programm, für 60 Milliarden Euro pro Monat Staatsanleihen aufzukaufen. In Japan werden bereits 80 Prozent der neuen Staatspapiere von der Notenbank aufgekauft. Das ist reines Gelddrucken. Und was heißt Deflation? Als wäre es so schrecklich, wenn das Geld mehr wert würde. Die verbreitete Annahme, daß Verbraucher ihre Konsumwünsche verschöben, weil sie erwarteten, daß die Güter im nächsten Jahr billiger würden, ist die schöne Theorie, die alle Zentralbanken nach einem Zwei-Prozent-Inflationsziel gieren läßt. Doch wer schiebt den Kauf einer Dose Bier oder einer Packung Windeln deshalb auf, weil sie in einem Jahr möglicherweise ein Prozent billiger sind?

Wer bezahlt die astronomischen Schulden?

Das spezielle Problem Japans ist, daß Häuser längst vollgestopft sind mit langlebigen Gebrauchsgütern aller Art – mehr als einen Kühlschrank, drei Fernseher und zwei Autos braucht niemand. Die Bevölkerung altert rapide und jährlich sinkt die Einwohnerzahl um 300.000 Menschen – Tendenz steigend. Junge Familien, die sich neu einrichten müssen, werden immer rarer. Gleichzeitig sinken die Haushaltseinkommen, weil es immer weniger gut bezahlte Industriearbeitsplätze gibt und immer mehr prekäre Jobs im Dienstleistungssektor, wo nur der Mindestlohn gezahlt und sehr wenig für die Qualifikation der jungen Arbeitnehmer geleistet wird. Wegen des schrumpfenden Binnenmarkts drängt die japanische Wirtschaft – ähnlich wie die deutsche – massiv ins Ausland: Japan Tobacco, Suntory Whisky, die japanische Post als Logistikunternehmen oder Takeda Pharma, alle kaufen ausländische Unternehmen auf, auch wenn dies der billige Yen sehr teuer macht.

Dabei sind japanische Manager nicht gerade begabt in der Führung ausländischer Unternehmen. Die Firma Sony, die überteuerte Hollywood-Größen wie Columbia, Tri-Star, Metro-Goldwyn-Mayer, United Artists oder Orion Pictures aufkaufte, wurde berühmt dafür, wie sie von aggressiven amerikanischen Direktoren mit überhöhten Gehältern und Boni geplündert wurde.

Andererseits macht es der billige Euro für Dollar-Investoren attraktiv, sich in die deutsche und europäische Wirtschaft einzukaufen. Immer mehr Traditionsunternehmen geraten so in ausländische Hand. So laufen die Realwirtschaft und die Vorstellungen der Zentralbanken in Europa wie in Asien ziemlich auseinander. Mario Draghi und sein Amtskollege Haruhiko Kuroda von der Bank of Japan wirken wie die Knaben im Karussell. Sie drehen wild an den Steuerrädern, doch die Wirtschaft geht ihren eigenen Gang. Nur die astronomischen Schulden, die ihr geldpolitischer Größenwahn hinterläßt, müssen irgendwann beglichen werden.

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