© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/15 / 27. März 2015

„Billige Handlanger mit Autoschlüssel“
Taxigewerbe: Landgericht Frankfurt stoppt milliardenschweren US-Anbieter Uberpop / Deutsche Vermittlungsdienste ohne Lobby
Christian Schreiber

Die deutsche Taxi-Branche kann aufatmen: Das Landgericht Frankfurt hat vorige Woche dem US-Unternehmen Uberpop verboten, Personenfahrten an Anbieter ohne Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (P-Schein) zu vermitteln. Das Uber-Geschäftsmodell verstoße gegen das deutsche Personenbeförderungsgesetz. Das Mobilfunkprogramm Uberpop sei kein Mitfahrdienst, sondern die App biete wie Taxis eine vertraglich geregelte Beförderung gegen Entgelt an.

„Wir haben heute recht erhalten. Erneut wurde gerichtlich festgestellt: Ubers Geschäftsmodell basiert auf Rechtsbruch“, erklärte Dieter Schlenker, Vorsitzender von Taxi Deutschland, jener Genossenschaft deutscher Taxizentralen, die gegen Uber geklagt hatte. „255.000 echte Arbeitsplätze und Steuerzahler bleiben in Deutschland erhalten, bleiben gesetzlich abgesichert und werden nicht durch unqualifizierte Uber-Gelegenheitsjobber ersetzt“, so Schlenker. Es sei „kein Fortschritt, den geringen Wohlstand von Taxifahrern umzuverteilen an Uber, Google und Goldman Sachs. Es ist erst recht kein Fortschritt, billige Handlanger mit Autoschlüssel anzuheuern: weder zugelassen noch versichert, noch legal“, meinte der Taxi-Deutschland-Chef.

Uber gibt dennoch nicht auf. „Da das nichtrechtskräftige Urteil nur gegen Sicherheitsleistung von Taxi Deutschland vollstreckt werden kann, können wir unseren Dienst Uberpop in München und Frankfurt zunächst in der gewohnten Form weiter anbieten“, sagte Geschäftsführer Fabien Nestmann. Die Dienste Uberblack (Limousinenvermittlung mit lizenziertem Chauffeur) und Ubertaxi seien von dem Frankfurter Urteil ohnehin nicht betroffen. Auch der Betrieb von Uberpop in Berlin, Düsseldorf und Hamburg gehe weiter, so Nestmann. Das Urteil sei „eine Niederlage für all diejenigen, die mehr Auswahl für ihre persönliche Mobilität wünschen“.

Mit Uberpop können Privatleute mit ihren Privatautos Fahrdienste anbieten. Das ist billiger als eine Taxifahrt, da laut Uber der Selbstkostenpreis von 35 Cent pro Kilometer nicht überschritten werde. Das klingt gut – doch in der Endkonsequenz heißt das: Reguläre Taxen und Taxifahrer sollen durch Billiganbieter ersetzt werden, die zudem noch alle Risiken selbst schultern müssen. Uber tritt nur als Vermittler auf und kassiert eine dicke Vermittlungsgebühr.

Unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen

Ubers intensive Lobbyarbeit – die New Economy-Firma aus San Francisco wird an der Börse mit einer zweistelligen Milliardensumme bewertet – hat allerdings schon gefruchtet: „Uber hat Bewegung in den Markt gebracht. Mehr Wettbewerb kann dem Taxigeschäft nicht schaden“, meinte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, in der Rheinischen Post. Uber profitiere davon, nicht den Regularien des Taxi-Gewerbes ausgesetzt zu sein: „Diese Schieflage ist kein Zukunftsmodell, das sind unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen.“

Die CDU will dem US-Fahrdienstvermittler sogar mit Lockerungen im Personenbeförderungsrecht entgegenkommen: Es sei „zu hinterfragen, ob bei den modernen Navigationsgeräten die Ortskenntnisse von Taxifahrern so streng geprüft werden müssen wie bisher“, heißt es in der „Hamburger Erklärung“ der Union. Man wolle „untersuchen, welche gesetzlichen Regelungen geändert werden müssen, um diese neuen Beförderungsmodelle zu ermöglichen“.

Doch die laut CDU angeblich zu „strenge Regulierung für das traditionelle Taxiwesen“ hat seriöse deutsche Taxi-App-Anbieter nicht davon abgehalten, ihre Mobilitätsdienste anzubieten – mit Taxischein und ohne Wettbewerbsvorteil. So hat der Old Economy-Riese Daimler den Betreiber der Vermittlungs-App MyTaxi übernommen, der sich mit über zehn Millionen Anwendern als weltweiten Spitzenreiter unter den Taxivermittlungs-Apps sieht. Geschäftsführer Johannes Mewes bezeichnet den Markt „derzeit als extrem heiß“. Er glaubt, daß die klassischen Taxi-Modelle verlieren werden.

Unlängst haben sich die ursprünglich aus Österreich stammende und nun in Berlin residierende Plattform Taxi.eu und das in Paris ansässige Internetportal eCab zum Global Taxi Service Quality Network (GTN) verbündet. Das neue Netzwerk erstreckt sich schon kurz nach seinem Start auf mehr als hundert Städte in 13 Ländern mit über 70.000 Taxen.

Der Genossenschaftsverbund Taxi Deutschland, der auch den bundesweiten Mobil-Taxiruf 22456 betreibt und direkt mit den lokalen Taxizentralen zusammenarbeitet, ist ebenfalls mit einer eigenen App präsent – allerdings im Gegensatz zu MyTaxi bislang nur für Apple- und Google-Betriebssysteme.

Der Berliner Anbieter BetterTaxi wirbt damit, „die lokalen Taxizentralen und Unternehmer bleiben Ihr Ansprechpartner vor Ort“. Einig sind sich die Konkurrenten darin, daß der große Verteilungskampf erst beginnt. Eine Umfrage des Branchenverbands Bitkom ergab, daß nur 15 Prozent der deutschen Fahrgäste mit Mobiltelefon Apps nutzen, um ein Taxi zu rufen. Die Zahlen würden aber sprunghaft steigen.

Und Uber kann übrigens ganz anders: Die App Ubertaxi bietet konzessionierte Taxis an – ganz ohne die gewünschten neuen Lobby-Gesetze.

Deutsche Taxi-App-Anbieter:

www.taxi-deutschland.net

www.bettertaxi.de

www.de.mytaxi.com 

www.taxi.eu

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen