© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/15 / 27. März 2015

Netanjahu gewinnt Parlamentswahl in Israel
Der Zauberer
Martin van Creveld

Netanjahu hat es wieder einmal geschafft. Entgegen vielen Umfragen gewann er die Wahl mit großem Abstand. Überraschenderweise leben die meisten seiner Wähler nicht im reichen Tel Aviv, sondern in den ärmeren Regionen, „Außenbezirke“ genannt. Mit anderen Worten: Genau die Bevölkerungsgruppe, die unter Netanjahus freier Marktwirtschaft und prokapitalistischer Politik eigentlich gelitten hat.

Aus genau diesem Grund wird er verdientermaßen „der Zauberer“ genannt. In absehbarer Zukunft werden wahrscheinlich zwei Themen Politik und Leben in Israel dominieren. Zum einen die wachsende sozioökonomische Kluft zwischen den Bevölkerungsschichten, die inzwischen größer ist als in jedem anderen OECD-Land. Netanjahu hat versprochen, dies anzugehen; aber so ein Versprechen gibt er nicht zum erstenmal. Ein anderes Thema ist die Außenpolitik. Fast ein halbes Jahrhundert lang haben die Israelis, wenn Palästinenser Ärger machten, gesagt, sie könnten nicht mit ihnen reden. Jedesmal, wenn sie keinen Ärger machten, hieß es dann, es gebe keinen Grund für Gespräche. Egal was die USA – das einzige Land mit Einfluß in Jerusalem – meinen: Wenn nicht ein Wunder geschieht, wird Netanjahu seine Politik weiter so fortführen. Das sieht nach Konflikt aus, nicht nach Frieden.

 

Prof. Dr. Martin van Creveld lehrt als Militärhistoriker an der Universität Tel Aviv.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen