© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/15 / 13. März 2015

Frisch gepresst

Franz Marc. Sein 1945 verschollener, aber millionenfach reproduzierter „Turm der Blauen Pferde“ ist selbst ärgsten Kunstbanausen bekannt. Der Schöpfer dieses berühmtesten Werkes des deutschen Expressionismus war im März 1916 mit 36 Jahren vor Verdun gefallen. Erst viele Jahre später setzte die intensivere Forschung zur Biographie Franz Marcs mit den Arbeiten von Klaus Lankheit (1976) und Claus Pese (1989) ein. Der Journalistin Brigitte Roßbeck hinterließen beide Autoren aber noch eine stattliche Zahl von dunklen Bereichen des Lebensweges, die es aufzuhellen galt. Das betraf weniger die spätwilhelminischen kunst- und kulturhistorischen Zusammenhänge, in denen das von Friedrich Nietzsche beeinflußte, gern für die Moderne reklamierte, aber fundamental modernekritische Œuvre Marcs entstand. Sondern vielmehr die privaten bis intimen Zonen dieser unkonventionellen Existenz. Hier konnte Roßbeck, die den Gang ins Archiv sowenig scheute wie lokalhistorische Spurensuche, neue Quellen erschließen. Aus diesem Stoff komponiert sie ein facettenreiches Porträt des Künstlers. (wm)

Brigitte Roßbeck: Franz Marc. Die Träume und das Leben. Biographie. Siedler Verlag, München 2015, gebunden, 352 Seiten, Abbildungen, 24,99 Euro

 

Rainer Maria Rilke. Die Edition der gut 1.100 Briefe an seine Mutter offenbarte 2009 endgültig, was schon zu Lebzeiten Rainer Maria Rilkes (1875–1926) dem Spott über den Dichter Nahrung gab: der Mann hatte einen großen Ödipuskomplex. Darum hebt Heimo Schwilks Biographie mit Sophia Rilke an, einer neurasthenischen, kontaktfreudigen, aber bindungsschwachen Prager Großbürgerstochter, die „in der Welt der Heiligen und den Ritualen“ der römischen Kirche lebte und die ihren Adelstick nach Kräften pflegte. Ohne aufdringlich psychologisieren zu müssen, entfaltet Schwilk dann den Charakter des „Frauenverstehers“ Rilke aus diesen mütterlichen Prägungen. Alle Beziehungen, zu Lou Andreas-Salomé, Clara Westhoff und Marie von Thurn und Taxis, oder jene zu der etwas zu knapp berücksichtigten Verlegerin Katharina Kippenberg, folgten beim „Sänger der Liebe“, der ein schlechter Liebhaber gewesen sei, demselben Muster – der Suche nach einer Ersatzmutter. Biographische Dispositionen, die, wie Schwilks Interpretationen nachweisen, das lyrische Werk in starkem Maß bestimmten. (tz)

Heimo Schwilk: Rilke und die Frauen. Biografie eines Liebenden, Piper Verlag, München 2015, gebunden, 336 Seiten, Abbildungen, 22,99 Euro

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