© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/15 / 13. März 2015

Die Zerstörungen setzen sich fort
Barbarei: Warum verurteilt keine moslemische Institution die Schändung von wertvollen Kulturstätten?
Siegfried Barker

Hilflos und mit Entsetzen hat die zivilisierte Welt von der Zerstörung altorientalischer Skulpturen im Museum zu Mossul sowie der anschließenden Niederwalzung der nahegelegenen Ausgrabungsstätte von Nimrud (dem biblischen Kalach) durch den Islamischen Staat (IS) erfahren. Bei den Bauten und Fundstücken aus den assyrischen Metropolen Ninive und Nimrud handelte es sich keineswegs um Objekte aus einer fremden Welt, sondern um einen Teil unserer eigenen historischen und religiösen Tradition – und dies nicht nur aufgrund der meist nur Experten bekannten Bedeutung der mesopotamischen Hochkulturen für die gesamte Menschheit, sondern sogar für unseren eigenen Sprachgebrauch: So entstammt der Begriff „Menetekel“ der biblischen Erzählung vom Ende des dekadenten und verweichlichten Königs Sardanapal – die ebenso in Ninive lokalisiert wird wie die bekannte alttestamentliche Erzählung von Jona und dem „Walfisch“. Auch der legendäre Gründer beider Städte lebt noch heute in der Bezeichnung eines leidenschaftlichen Jägers als „gewaltiger Nimrod“ fort.

Natürlich werden auch jetzt nicht die beschwichtigenden Stimmen fehlen, dies habe nichts mit dem „wahren Islam“ zu tun, sondern sei das Werk von Extremisten, die den ungezählten friedlichen Gläubigen am meisten schadeten. Dabei handelt es sich jedoch keineswegs um Einzelfälle, wie die Zerstörung der Buddhastatuen im afghanischen Bamian durch die Taliban beweist.

Auch der Historiker kann diese Schönfärberei nicht unwidersprochen hinnehmen. Denn vor allem die Völker Südosteuropas haben jahrhundertelang dieselbe kulturfeindliche Barbarei erleiden müssen. Seit dem 14. Jahrhundert waren sie dem wachsenden Druck der osmanischen Militärmacht ausgesetzt; 1389 wurde Serbien, wenige Jahre später Bulgarien erobert (es blieb nahezu 500 Jahre unter der türkischen Herrschaft). Es folgte eine Zeit nicht nur der Unterdrückung der christlichen Bevölkerung, sondern auch der vielfach systematischen Zerstörung ihrer kulturellen und religiösen Stätten.

Dabei sollen militärische „Kollateralschäden“ – so wurde der völlig erhaltene Parthenontempel sehr zu seinem Schaden von den Türken als Pulvermagazin genutzt – hier nicht bewertet werden, sondern lediglich die zweckfreie Vernichtung. Eine Zahl mag beispielhaft deren Ausmaß verdeutlichen: Im 17. Jahrhundert – also nicht in der Zeit der Eroberung, sondern unter der gefestigten Herrschaft des Sultans – wurden allein in den bulgarischen Rhodopen etwa 250 Kirchen und Klöster zerstört. Und wer die Klosterkirchen in Serbien und dem Kosovo durchwandert, kann ungezählte Fresken sehen, die bis heute die Spuren von sinnloser moslemischer Zerstörungswut tragen. Denn wenn den Plünderern auf ihren Raubzügen die Zeit fehlte, die Wandbilder gänzlich zu beseitigen, haben sie den Heiligengestalten zumindest die Augen ausgebohrt, um den Figuren „die Seele zu nehmen“. Vielfach wurden die einzigartigen mittelalterlichen Wandmalereien nur dadurch gerettet, daß man sie durch Übertünchen dem Blick der Feinde entzog.

Spuren von osmanischer Zerstörungsfreude finden wir auch in Mitteleuropa: So weist das bekannte Gnadenbild der „Madonna im goldenen Sessel“ im niederösterreichischen Lunz Verletzungen durch türkische Säbelhiebe auf.

In der einstigen Weltmetropole Konstantinopel (dem heutigen Istanbul) blieben zwar viele Kirchen als Moscheen erhalten, freilich ihrer reichen Ausstattung beraubt; der Verlust an Kunstdenkmälern ist gleichwohl unvorstellbar. So waren dort die oströmisch-byzantinischen Kaiser vom 4. bis 15. Jahrhundert bestattet; von ihren zahlreichen Ruhestätten blieb nichts erhalten.

Das gilt auch für die drei Gräber Kaiser Friedrich Barbarossas (1152–1190), der auf dem dritten Kreuzzug in den Fluten des Saleph

den Tod fand. Seine Eingeweide ruhten in Tarsus, das durch Kochen abgelöste Fleisch in Antiochia, die Gebeine in der Kathedrale von Tyros (im heutigen Libanon) – die Grabstätten fielen sämtlich der moslemischen Zerstörungswut zum Opfer. Und dabei handelte es sich nicht um das Werk von radikalen Fanatikern dieser Epoche – das Osmanische Reich hing der sunnitischen Mehrheitslehre des Islam an, keiner fundamentalistischen Sekte!

Wer aber an die Zukunft unseres Landes denkt, mag sich nun besorgt fragen: Droht das Schicksal der kulturellen Schätze in Syrien und dem Irak vielleicht auch unseren Kunstdenkmälern? Wenn dereinst aufgrund von Zuwanderung und der demographischen Entwicklung einerseits und des mangelnden Behauptungswillen der Restdeutschen andererseits Moslems in Deutschland die Mehrheit stellen werden, ist nicht nur die Vorstellung eines moslemischen Bundeskanzlers keineswegs abwegig. Für Frankreich hat gerade Michel Houellebecq in seinem Roman „Unterwerfung“ eine entsprechende Dystopie entworfen.

Was aber geschieht dann mit den „verwerflichen“ Gemälden, Skulpturen und sonstigen Kulturschätzen in Europa, die offenkundig den Lehren des Propheten widersprechen. Werden dann die „Mona Lisa“, Picassos „Nackte“ und der „Mann mit dem Goldhelm“ vor laufenden Kameras vernichtet? Müssen Statuen und Porträtbüsten von den Plätzen und Parkanlagen des Abendlandes weichen? Wird das Hermannsdenkmal, wird die Loreley dem islamischen Fundamentalismus geopfert? Müssen die christlichen Kirchen von „verbotenen“ Bildwerken „gereinigt“ werden?

Natürlich werden die Tonangebenden in Politik und Medien weiterhin daran glauben, daß derartige Szenarien bei uns undenkbar sind: Die in Deutschland lebenden Moslems sind ja heute durch Demokratie und Rechtsstaatlichkeit geprägt (und die zurückkehrenden IS-Kämpfer werden scharf im Blick behalten), die Türkei ist ein zutiefst europäisches Land usw.

Der kritische Zeitgenosse wird sich indes zu Recht fragen: Warum verurteilt keine moslemische Institution, keiner der „liberalen“ Imame in den bundesrepublikanischen Talkshows die Barbarei von Mossul und Nimrud? Herrscht in diesen Kreisen vielleicht gar „klammheimliche Freude“ darüber, daß dem Willen Allahs Genüge geschehen ist – und die Hoffnung, daß dies eines nicht allzufernen Tages auch in Mitteleuropa geschehen wird?

Foto: Standbild aus einem Video, das von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) am 26. Februar 2015 veröffentlicht wurde und das angeblich zeigt, wie IS-Anhänger im Museum der irakischen Stadt Mossul Kunstwerke aus der Antike zertrümmern: Keine Einzelfälle

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