© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/15 / 06. März 2015

Den Einfluß aus dem Ausland eindämmen
Österreich: Mit der Reform des Islamgesetzes will die rot-schwarze Regierung islamistischen Hardlinern das Wasser abgraben
Josef Hämmerling

Auf massive Kritik von allen Seiten stieß das in Österreich jüngst verabschiedete Islamgesetz. So nannte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache es ein „Placebogesetz mit unglaublichen Schönheitsfehlern und ist alles in allem ein Husch-Pfusch-Gesetz.“ Dagegen meint das Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft (NMZ), bei dem Gesetz handele es sich um eine „Diskriminierung“, die einen „Generalverdacht gegen Muslime“ manifestiere. Harsche Worte der Kritik übt auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Das Gesetz sei EU-widrig und diene als „Maßnahme zur Unterdrückung der Muslime in Österreich“. Die Kritik aus der Türkei ist deswegen so scharf, da das Land keinen geringen Einfluß auf die islamischen Gemeinden in Österreich hat. So werden 65 Imame direkt aus der Türkei bezahlt, dem wird nun per Gesetz ein Riegel vorgeschoben. Lediglich eine Einmalzahlung sei unter bestimmten Bedingungen noch möglich, heißt es.

Ein Islam europäischer Prägung als Staatsräson

Wichtiger Eckpfeiler des neuen Islamgesetztes, welches den ersten Erlaß dieser Art aus dem Jahr 1912 (JF 17/14) reformiert, ist die „Darstellung der Lehre und Glaubensquellen in deutscher Sprache“. Danach müssen sich alle neuen Religionsgemeinschaften in ihrer Lehre unterscheiden. Verlangt wird zudem, eine verbindliche Fassung insbesondere des Korans in deutscher Sprache vorzulegen. Zudem dürfen Imame nur noch in Österreich ausgebildet werden und müssen die deutsche Sprache beherrschen.

Gerade diese Punkte werden von den muslimischen Gemeinschaften kritisiert, da sie eine Diskriminierung des Islams sehen. Explizit verweisen sie darauf, daß es für die russisch-orthodoxe Kirche keine derartigen Auflagen gebe. Auch dürfe sie weiterhin aus dem Ausland finanziert werden. Sich darauf beziehend, will dann auch die Türkisch-Islamische Union (Atib) vor dem Verfassungsgerichtshof klagen, parallel dazu das NMZ sogar den Europäischen Gerichtshof einschalten.

Ganz anders sieht es Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP). Das mit den Stimmen der schwarz-roten Regierung gegen den Widerstand aller anderen Parteien im österreichischen Parlament beschlossene Gesetz stelle vielmehr einen Schutz der islamischen Religion und der rund 560.000 in dem Alpenland lebenden Muslime dar.

Er wünsche sich, so Kurz weiter, einen Islam europäischer Prägung. Das reformierte Islamgesetz könne dabei „in mehrerer Hinsicht ein mögliches Vorbild für Europa“ sein. Zwar schreibe das Gesetz den ausdrücklichen Vorrang des österreichischen Rechts vor islamischen Glaubensvorschriften vor.

Dafür werde es aber zukünftig eigene muslimische Seelsorger beim Bundesheer, in Strafanstalten und Krankenhäusern geben. Ferner sichere das Gesetz den dauerhaften Erhalt muslimischer Friedhöfe, das Recht zu schächten, die Beschneidung von Jungen (jedoch nicht von Mädchen) sowie das Recht auf muslimische – nicht arbeitsfreie – Feiertage und muslimische Lebensmittelbestimmungen.

Alles schön und gut, erklärt dagegen Oppositionschef Strache und konkretisierte seine Kritik: Zwar dürften die Imame nicht mehr vom Ausland bezahlt werden, das könne aber indirekt über die Finanzierung der Vereine geschehen. Und solange die Predigten und der Religionsunterricht nicht in Deutsch gehalten werden müßten, gebe es keine Kontrolle über die Inhalte. Die Gefahr des Aufbaus von Parallelgesellschaften bestünde dadurch weiter.

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