© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/15 / 06. März 2015

Wolfgang Bosbach. Der CDU Spitzenpolitiker wird mehr und mehr zum Partei-Dissidenten
Der Aufrechte
Paul Rosen

Wer sich gegen Angela Merkel stellt, den trifft wie einst aus dem Olymp der Blitz des Zeus. Von Friedrich Merz über Laurenz Meyer bis Norbert Röttgen: Die Liste der Abservierten ist lang. Auch bei der Euro-Rettung sind andere Meinungen in der CDU verpönt; wer die Alternativlosigkeit von Rettungsschirmen und Griechenland-Hilfe anzweifelt, für den ist politischer Aufstieg ab sofort ein Fremdwort; Deklassierung ist angesagt. So erging es etwa Euro-Zweifler Klaus-Peter Willsch, der Mitglied des wichtigen Bundestags-Haushaltsausschusses war und sich nach der vorigen Bundestagswahl plötzlich im weniger bedeutsamen Wirtschaftsausschuß wiederfand.

Eine Ausnahme ist Wolfgang Bosbach, 1952 in Bergisch-Gladbach geboren. Der CDU-Mann, der in sechster Legislaturperiode den Rheinisch-Bergischen Kreis im Bundestag vertritt, gehört auch zum Häuflein der Aufrechten, die sich im Parlament noch eine eigene Meinung leisten. Andere warten lieber ab, bis die Kanzlerin ihre Meinungsbildung abgeschlossen hat. Aber Bosbach, der nicht rechthaberisch oder trotzig, sondern stets jovial wirkt, behielt den wichtigen Vorsitz des Bundestags-Innenausschusses.

Der Jurist und Vater dreier Töchter, der im Karneval gerne um die Häuser zieht, gilt zwar als „ewiger Rebell“ (Hannoversche Allgemeine), gibt aber zugleich preis, daß er mit der Einzelgängerrolle Schwierigkeiten hat: „Mir fällt es schwer, gegen die eigenen Kollegen zu argumentieren.“ Als rheinische Frohnatur ergänzt er: „Ich will nicht immer die Kuh sein, die quer im Stall steht.“ Damit hat Bosbach sein Wesen skizziert: Er taugt nicht zum einsamen Wolf, möchte lieber Herdentier sein. Ernst Jüngers „Waldgang“ des einsamen und absoluten Widerstandes wäre Bosbachs Sache nicht. Vielleicht ist das der Grund, warum Merkel ihn unbehelligt läßt.

So beteuert Bosbach seine Solidarität mit der Parteichefin und Kanzlerin und gerät trotzdem angesichts seiner konservativen Grundstruktur auch in Fragen der inneren Sicherheit und des Ausländerrechts regelmäßig in Zweifel, ob die Linie der Partei richtig ist. Aber die Partei ist für ihn eine höhere Instanz, ein Wert an sich, mögen die „Parteifreunde“ auch noch so häßlich zu ihm sein: „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen!“ rief ihm der damalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla zu und legte noch nach: „Du machst mit deiner Scheiße die Leute verrückt.“

Der derart verunglimpfte Bosbach klagte über Enttäuschungen, die es ihm schwermachten, „mit Loyalität zur Politik der eigenen Partei zu stehen“. Aber zum konsequenten Schritt des Ehrenmannes Bosbach, zum Austritt aus dieser Fraktion, reichten Wille und Kraft nicht. Eher will sich der in letzter Zeit mit gesundheitlichen Problemen kämpfende Bosbach aufs Altenteil zurückziehen, um den Euro nicht weiter mitretten zu müssen.

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