© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/15 / 27. Februar 2015

Bundesregierung will Wohngeld ab 2016 erhöhen
Dreifache Mogelpackung
Jörg Fischer

Mehr Wohngeld für 900.000 Haushalte“, titelte Bild vorige Woche. Geringverdiener und Niedrigrentner sollen ab 2016 „deutlich mehr“ bekommen – „in Einzelfällen sogar auf fast das Dreifache (plus 197 Prozent)“. Hat das schwarz-rote Kabinett die Spendierhosen an? Oder ist es nur ein neuer Fall von medialer Regierungspropaganda? Ein kurzer Blick hinter diese Schlagzeilen offenbart, daß letzteres zutrifft.

Wohngeld ist keine sozialistische Erfindung, seine Ursprünge liegen mehr als 90 Jahre zurück. Unter CDU-Bundeskanzler Ludwig Erhard trat am 1. April 1965 das erste Wohngeldgesetz in Kraft. Durch die Einführung von Hartz IV wurde das Wohngeld erstmals radikal gekürzt: Von 3,5 Millionen blieben noch 1,2 Millionen berechtigte Haushalte übrig. Die letzte Wohngelderhöhung – nach achtjähriger Pause – erfolgte 2008. Drei Jahre später fiel der Heizkostenzuschlag schon wieder weg. Durch steigende Zuwanderung, teure Sanierungen und beständig erhöhte Nebenkosten explodieren die Mieten in den deutschen Großstädten. Die Inflation frißt zusätzlich an dem „Baustein für bezahlbares Wohnen“, wie Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) das Wohngeld nennt. „Das Dreifache“ wird es kaum geben, die Zahlbeträge sollen im Schnitt angeblich um 39 Prozent steigen. Das wären 44 Euro bei 114 Euro Durchschnittswohngeld.

Offizielle Beispielrechnungen weisen Erhöhungen von 11 bis 116 Euro monatlich aus. Im Bundeshaushalt soll der Wohngeldposten dadurch von 500 auf 630 Millionen Euro steigen. 130 Millionen Euro mehr – das wären allerdings im Schnitt nur zwölf Euro monatlich pro Wohngeldhaushalt. Die andere Hälfte der Erhöhung müßten die Bundesländer zahlen. Aber ob die mitziehen ist fraglich. Und selbst wenn – die Ausgaben fürs Wohngeld lägen dann immer noch deutlich unter jenen über 1,5 Milliarden Euro, die 2013 allein für das Asylbewerberleistungsgesetz ausgegeben wurden.

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